Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 186

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den Schulen eine Stimmung haben, die nicht dazu angetan ist, jetzt die großen Re­form­prozesse anzupacken.

Frau Ministerin, wir brauchen an der Spitze des Ressorts jemanden, der energisch, lautstark und öffentlich verkündet: So geht’s nicht weiter! (Beifall bei den Grünen.) Wir brauchen mehr Geld im Bildungsbereich und nicht weniger Geld im Bildungsbereich, und wir müssen uns gemeinsam dafür einsetzen, dass hier die Schwerpunkte anders gesetzt werden, als sie derzeit gesetzt werden.

Ich bringe noch ein Zitat, und jetzt müssen Sie genau aufpassen – bitte, das betrifft alle –, denn ich habe diesen Satz auch ein paarmal lesen müssen. Im Strategiebericht steht: „Ausschöpfen von Effizienzpotenzialen in der Unterrichtsorganisation bzw. Restrukturierung der mit der Unterrichtsorganisation verbundenen Ressourcen­alloka­tion“.

Ich übersetze das ganz frei: Wir haben künftig größere Schulklassen, wir haben künftig mehr Kinder in den Klassen, und wir haben kleinere Lerngruppen. – Das bedeutet diese Ansage im Strategiebericht der Regierung, ansonsten hätte ich gerne eine andere Interpretation dieses Satzes von Ihnen gehört. Wir müssen aber die Bedingun­gen verbessern und nicht verschlechtern.

Herr Kollege Mayer, Sie haben Südtirol genannt: Ja, dann machen Sie Schritte in diese Richtung! In Südtirol gibt es seit 50 Jahren eine gemeinsame Schule, in Südtirol gibt es ElementarpädagogInnen, die auf tertiärem Niveau ausgebildet sind, in Südtirol stehen zwei bis drei Lehrerinnen und Lehrer in der Klasse. In Südtirol gibt es eine inklusive Pädagogik, alle Kinder in Südtirol werden gemeinsam unterrichtet, und – meine Damen und Herren von der ÖVP, weil Sie immer und immer wieder mit dem Leistungsargument kommen – die Südtiroler Schülerinnen und Schüler bringen wesentlich bessere Ergebnisse als ihre KollegInnen in Nordtirol – an der Spitze sowieso, ähnlich wie in Finnland, das dreimal mehr SpitzenschülerInnen hat, aber vor allem auch im leistungsschwächeren Bereich.

Die Nordtiroler, die Osttiroler haben beispielsweise im Bereich Lesen doppelt so viele Risiko-SchülerInnen, wie man sie in Südtirol hat. Also nehmen wir uns ein Beispiel daran, wenn wir nicht immer nach Finnland schauen wollen oder in die skandina­vischen Länder oder nach Holland, wo wir ja gemeinsam waren! Schauen wir nach Südtirol und übernehmen wir das, was dort gut ist! Wir in Österreich müssen das Rad wirklich nicht immer wieder neu erfinden und so tun, als ob es ginge. Aber es geht auch in Österreich. Das beweisen uns viele Schulen, die heute schon versuchen, Teile dieses Konzepts umzusetzen und die kein Kind zurücklassen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Mayer, ich bin sehr froh, dass die Sozialdemokratie einen Spruch auf­nimmt, den ich jetzt seit sechs Jahren in jedem E-Mail und immer wieder verwende: Kein Kind zurücklassen! (Abg. Mayer: Wer es von wem aufgenommen hat, das lassen wir einmal dahingestellt! Wer es von wem übernommen hat, das lassen wir jetzt dahingestellt!) Das ist der Vorschlag, den ich Ihnen machen würde: Versuchen Sie, Ihre Politik danach auszurichten, dass wir das Wirklichkeit werden lassen und wirklich alle Kinder eine Chance bekommen.

Aber noch sind Sie mitverantwortlich dafür, dass nach der 4. Klasse Volksschule nur 33 Prozent in die AHS kommen, nur ein Drittel, dass enormer Stress in diesen Klassen produziert wird. Sie als Volksschuldirektor kennen die Situation, was die Eltern aufführen, zu Recht natürlich, weil jeder für sein Kind das Beste möchte. Hören wir mit diesem Unsinn auf! Er ist pädagogisch verantwortungslos. Er geht auf Kosten der Schülerinnen und Schüler. Er bringt Stress in die Familien hinein. Hören wir damit auf und gehen wir jenen Weg, den alle reformfreudigen Kräfte in Österreich wollen, übrigens sogar Teile der Freiheitlichen Partei! Herr Kollege Rosenkranz, die gesamte


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