Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 197

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Kommen wir zum Wollen: Als ich 2008 in den Nationalrat gekommen bin und für den Bereich Kindergarten zuständig wurde, haben wir recht bald für das, was im Bildungsbereich abläuft, ein Bild gesucht, das man für eine Kampagne verwenden kann. Ich kann mich an eine Aktion erinnern: Gemeinsam mit dem Kollegen Walser und der Vizebürgermeisterin Vassilakou aus Wien haben wir vor der ÖVP-Zentrale – weil die das damals symbolisiert hat – einen riesigen Betonpflock hingestellt und mit Werkzeug bearbeitet. (Abg. Walser: Presslufthammer!) Das war recht mühsam. Seitdem habe ich höchsten Respekt vor allen, die tagtäglich mit Presslufthammern und schwerem Werkzeug arbeiten müssen, denn ich habe tagelang einen Muskelkater gehabt, ich glaube, Kollege Walser, du auch.

Das war damals das Bild zur Bildungsreform: Beton! Alle Vorschläge, die man gemacht hat, sind irgendwie auf Beton gestoßen: schwierig zu bearbeiten.

Jetzt hat sich das gewandelt. Ich habe jetzt ein anderes Bild, nämlich nicht mehr das Betonbild, sondern: Es ist etwas Schleimiges. Ich bin in den siebziger Jahren Kind ge­wesen, und da hat es diese grüne Masse in Plastikbechern gegeben (Abg. Strolz: Slimy!), Slimy, glaube ich, hat das geheißen. (Abg. Walter Rosenkranz: Und es war grün, wie Sie richtig gesagt haben!) Die konnte man an die Wand werfen, und hoffentlich ist da nichts kleben geblieben. – So! Mir kommt vor, dass die Bildungs­debatte im elementarpädagogischen Bereich, im schulischen Bereich, auch im wissen­schaftlichen Bereich jetzt gar nicht mehr so sehr wie Beton, sondern schleimig ist. Jetzt kann man entscheiden: Was finde ich angenehmer, Beton oder Schleim? Der Schleim ist auf jeden Fall unfassbar und nicht wirklich greifbar.

Ich möchte Ihnen erklären, warum ich von Schleim spreche: Ich bringe seit Jahren Anträge betreffend den elementarpädagogischen Bereich im Familienausschuss ein: neue Kompetenzverteilung, Bundesrahmen, Bundeskompetenz, damit es eben nicht mehr von der Postleitzahl abhängt, welche Rahmenbedingungen Kinder vorfinden, son­dern alle Kinder in Österreich die gleichen Chancen haben. Oder: PädagogIn­nenausbildung Neu – nicht nur für die PädagogInnen in der Schule, sondern auch für die PädagogInnen in der Elementarpädagogik. Viele von Ihnen wissen es, aber manche wissen es vielleicht nicht: Österreich ist das letzte Land, das nicht auf Hoch­schulniveau ausbildet. Vor ein paar Jahren haben wir noch gesagt, Österreich und Malta sind die letzten Länder. Malta hat es geschafft, Österreich hat es immer noch nicht geschafft, für eine gute Ausbildung der ElementarpädagogInnen zu sorgen und vor allem für eine Ausbildung, bei der man sich für den Beruf der Elementar­päda­gogInnen nicht mit 14 entscheiden muss, sondern in einem höheren Alter. Und vieles mehr.

Diese Anträge bringe ich im Ausschuss ein. Alle Parteien – mit Nuancen – stimmen diesen Anträgen verbal zu; auch die SPÖ, deren Abgeordnete dann sagen, wir haben den Antrag ja selber schon eingebracht, als wir in Opposition waren. Und auch die Vertreter der ÖVP sagen: Ja, ja, das ist alles wichtig! Aber sie kommen nie zur Abstimmung – und wenn sie zur Abstimmung kämen, dann würden sie wahrscheinlich nicht zustimmen, weil dann die Länder problematisch sind, weil man dann dies und das nicht durchsetzen kann, weil man dort und dort nicht kompetent ist. Und das ist Schleim – oder? –, wenn ich sage, ja, ich will es, aber es dann nicht so greifbar mache, dass ich es angreifen kann und sagen kann, da kommt jetzt eine Maßnahme heraus.

Vor diesem Hintergrund ist viel passiert: quantitativer Ausbau in der Kinderbetreuung, in der Elementarpädagogik; wir haben von 2003 bis 2004 von 8,5 Prozent auf 23 Pro­zent der unter Dreijährigen aufgebaut. Aber wenn man es sich anschaut, dann gibt es da massive Unterschiede in den Bundesländern – also wieder: Bundeskompetenz ist notwendig –: 40 Prozent in Wien und demgegenüber 12 Prozent in der Steiermark. Das kann doch niemand erklären, warum es dort funktioniert und da nicht.

 


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