Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 174

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nis gegen die Vorratsdatenspeicherung. Sie hätten es uns noch einfacher machen kön­nen, indem Sie den Antrag im Ausschuss nicht vertagt hätten. Sie haben auch dort ge­sagt, Sie sind dagegen, und Kollege Buchmayr auch. Eine Zustimmung hätte uns noch mehr Freude bereitet.

Herr Kollege Lausch, Sie haben schon recht. – Wir haben schon bessere Anträge hier im Plenum diskutiert, bei Weitem bessere, aber, und das ist der wesentliche Punkt, der Antrag bringt auch etwas ins Bewusstsein. Wenn Frau Kollegin Fekter am Rednerpult zu Beginn ihrer Ausführungen sagt: Na ja, das ist zwar ein Antrag aus dem Menschen­rechtsausschuss, aber eigentlich geht es um Justizthemen!, dann weiß ich, wieso wir den Antrag hier beschließen sollen: weil es ein menschenrechtliches Problem ist und nicht nur ein Justizthema. Es ist ein massives menschenrechtliches Problem, und da besteht in Österreich seit Jahren Nachholbedarf. (Beifall bei den NEOS sowie bei Ab­geordneten der Grünen.)

Das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts hat klar festgelegt, dass das so­genannte Abstandsgebot ein grundrechtliches Gebot ist. Das ist vier Jahre her, und seitdem haben wir in Österreich nichts gemacht. Die Rechtslage ist in beiden Ländern ziemlich ähnlich. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Si­cherungsverwahrung in Deutschland verfassungswidrig ist und hat einige Parameter aufgestellt, wie man sie neu gestalten sollte. Diese Parameter treffen auch auf Öster­reich zu, nur haben wir sie nicht umgesetzt.

Der wesentliche Grund, wieso es diese neuen Parameter braucht, liegt darin, dass die Maßnahme ein so schwerer Eingriff in ein Grundrecht, nämlich in das Grundrecht der Freiheit, ist und wir Menschen unterbringen können, und das lebenslang, unbegrenzt. Sie können ein Leben lang im Maßnahmenvollzug sein. Das ist ein ganz massiver, ei­ner der schwerwiegendsten Eingriffe in die persönliche Freiheit. Das Abstandsgebot, das ein grundlegender Parameter ist, legt fest, dass es eine klare Trennung zwischen Strafvollzug und Maßnahmenvollzug geben muss. Diese klare Trennung ist nicht nur im örtlichen Sinn, sondern auch im qualitativen Sinn gemeint.

Es ist eben genau das, was in Österreich nicht immer funktioniert. In diversen Voll­zugsanstalten ist dieses Abstandsgebot nicht klar vollzogen. Des Weiteren ist auch klar, und das hat auch das deutsche Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass das Ultima-Ratio-Prinzip, welches im Strafrecht generell immer voranzustellen ist, auch in diesem Fall voranzustellen ist.

Wenn wir momentan knapp 900 Untergebrachte im Maßnahmenvollzug in Österreich haben, dann lässt mich das stark zweifeln, ob das Ultima-Ratio-Prinzip hier angewen­det wird. Ich frage mich, ob es nicht auch gelindere Mittel geben würde, sodass diese Menschen eine Therapie angehen könnten und man schauen könnte, dass diese kran­ken Menschen – denn das sind diese Menschen ja in der Regel – entsprechend be­handelt werden.

Darüber hinaus gibt es das Minimierungsgebot, das bedeutet die kontinuierliche Locke­rung der freiheitseinschränkenden Maßnahmen, das Motivierungsgebot – das heißt, dass man die Leute auch dazu motiviert, dass sie die entsprechende Therapie anneh­men – und das Individualisierungsgebot – das heißt, dass man explizit auf die Perso­nen eingeht. Auch der Rechtsschutz muss entsprechend ausgeweitet werden und ein Unterstützungsangebot muss da sein. Momentan ist es ja so, dass Rechtsanwälte zu Anhörungen nicht unbedingt immer zugelassen werden, sondern dass das eher selten der Fall ist.

Ein ganz wesentlicher Punkt ist auch das Kontrollgebot, das immer strenger wird, je länger eine Person in der Maßnahme sitzt. Das heißt, dass jedes Mal, wenn man über­prüft, ob eine Person aus der Maßnahme entlassen werden könnte, strengere Überprü-


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