Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 176

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Es ist für mich ganz wichtig, dass der Strafvollzug etwas ist, was als hoheitliche Auf­gabe grundsätzlich auch weiterhin in der Hand von bestausgebildeten Beamten bleibt, und das ist ja auch ein Grund dafür, weshalb es nicht so schnell möglich ist, neue Plan­stellen, die wir Gott sei Dank bekommen haben, zu besetzen. 27 von den neuen Plan­stellen haben wir besetzt, 30 besetzen wir mithilfe des Mobilitätsprogrammes des Bun­des, und jemand, der so lange im Strafvollzug tätig war wie Herr Kollege Lausch, der vorhin gesprochen hat, müsste wissen, dass die Ausbildungszeit aufgrund dieser be­sonderen Qualifikation, die Justizwachebeamte brauchen, halt auch eine gewisse Zeit braucht, im Regelfall eben zwölf Monate. (Abg. Lausch: Ja, eh! Die Sicherheit ...!)

Aber bleiben wir beim Grundsätzlichen, meine Damen und Herren Abgeordnete! Ja­wohl, wir haben große Mängel im Strafvollzug. Ich glaube, dass wir auch wissen, wo wir ansetzen müssen. Wir werden bis Mitte Oktober im Rahmen einer Arbeitsgruppe, bei der natürlich der Herr Finanzminister federführend ist, Klarheit darüber haben, was wir an Änderungen bei den Standorten in welchem Zeitrahmen durchführen können – auch das ist ganz wichtig. Und ich sage Ihnen ganz offen: Das ist eine Riesenaufgabe, vor der wir stehen und die wir bewältigen müssen, aber es ist notwendig. Egal, ob es jetzt populär ist oder nicht, man muss diese Aufgabe angehen, im Interesse der Würde jener Menschen, die uns anvertraut sind, aber auch im Interesse einer sinnvollen Wie­derintegration in den Arbeitsprozess und in die Gesellschaft.

Ich sage es unumwunden: Es ist schon seit einem Jahr mein Eindruck, dass sich der Strafvollzug in Österreich, so wie er sich entwickelt hat, zumindest in manchen Berei­chen wirklich in einer Krise befindet – jawohl. Jetzt sagt man landläufig, jede Krise ist eine Chance. Ich sage Ihnen unumwunden: Wenn das so ist, dann haben wir jetzt eine verdammt große Chance, aber wir können sie nur gemeinsam nützen, und wir können daher wirklich gemeinsam versuchen, auch gesamtgesellschaftlich die Voraussetzun­gen dafür zu schaffen, jene Änderungen durchzubekommen, die notwendig sind.

Da es schon angesprochen wurde: Der Maßnahmenvollzug ist eines der größten Pro­bleme. Ja, entsprechend den Empfehlungen der Expertengruppe Maßnahmenvollzug, die wahrscheinlich viele von Ihnen kennen – und jeder kann sich von unserer Home­page herunterladen, was von den Experten empfohlen wurde –, wollen wir Verände­rungen umsetzen, selbstverständlich. Das bedeutet, dass Personen, die sozusagen ob­jektiv ein Delikt verwirklicht haben, aber in Wirklichkeit aufgrund ihrer Krankheit über­haupt nicht schuldfähig sind und daher auch nicht bestraft werden können, auch als das behandelt werden, was sie sind, nämlich Patienten, und Patienten gehören ins Kran­kenhaus und nicht ins Gefängnis. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Ja, es ist doch so, und ich möchte das nur deutlich machen: Patienten gehören ins Kran­kenhaus und nicht ins Gefängnis. Und wenn, um es an einem Beispiel klarzumachen, hier vor dem Parlament ein Mensch mit einem großen Prügel in der Hand herumläuft und von sich gibt, er fürchtet sich vor den Marsmenschen und deshalb hat er den Prü­gel, und wenn ein Marsmensch kommt, wird er ihn sofort mit dem Prügel behandeln, dann wird dieser arme Mensch irgendwann einmal in einer psychiatrischen Klinik lan­den, und man wird versuchen, ihn dort von seiner Wahnvorstellung zu befreien. Er ist ein Patient. Und wenn derselbe Mann mit derselben Wahnvorstellung seinen Prügel benützt, um die Windschutzscheibe eines Autos einzuschlagen, weil sich da drinnen Menschen befinden, die er für Marsmenschen hält, dann landet er bei uns. Er hat die­selbe Wahnvorstellung, und spätestens der Richter wird sagen, dieser Mensch ist zu­rechnungsunfähig, schuldunfähig, kann nicht bestraft werden – aber er bleibt bei uns!

Ja wo ist denn da der Unterschied?! – Das ist ein Patient, und der gehört ins Kran­kenhaus und nicht ins Gefängnis. (Abg. Pirklhuber: Richtig!) Und das ist die Proble­matik beim Maßnahmenvollzug. Das sind genau die Patienten, die wir in Wirklichkeit


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