Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 181

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17.56.03

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben heu­te schon viel über die Krise gesprochen. Der Finanzminister, die Regierung und viele andere glauben, dass diese Krise bereits vorbei ist. Es gibt großflächig Entspannung, weil eben diese Krise angeblich schon vorbei ist. Aber ich kann Ihnen sagen: Diese Kri­se ist nicht vorbei! Sie ist nicht vorbei, und zwar deswegen nicht, weil am Horizont schon die ersten Anzeichen für die nächste Welle dieser Krise auftauchen.

Wenn ich mir anschaue, warum wir diese zwischenzeitliche Erholung erleben, dann kann ich sagen, das liegt einzig und allein daran, dass wir Milliarden und Abermilliar­den in Konjunkturprogramme gesteckt haben und jetzt einen Miniaufschwung erleben, der aber spätestens im Herbst oder Ende des Jahres vorbei sein wird. Und dann wird diese Krise zurückkommen, und sie wird uns noch brutaler treffen, als wir es schon er­lebt haben. Einige hier werden dann überrascht sein. Aber wenn man sich die Frühindi­katoren ansieht, müsste niemand überrascht sein.

Der Baltic Dry Index zum Beispiel – das ist der Index der Frachtraten weltweit – hat den stärksten Rückgang in den letzten Monaten innerhalb von sechs Jahren hingelegt. Das heißt, es wird auf den Weltmeeren in den letzten Monaten praktisch nichts mehr transportiert. Das ist ein Frühindikator, der in etwa drei bis sechs Monate vorausläuft und uns letztlich dorthin führen wird, wohin viele Wirtschaftsexperten schon vermuten, nämlich in die zweite Welle der Finanz- und Wirtschaftskrise. Deshalb wäre es jetzt höchst an der Zeit, die Hausaufgaben zu machen.

Ich weiß selbstverständlich, dass viele hier glauben, die Wirtschaftskrise, die Finanzkri­se sei wie ein Tsunami, der über uns kommt wie ein Unwetter, das man nicht beeinflus­sen kann. Aber das ist nicht richtig. Man braucht sich nur Länder wie Kanada anzu­schauen, die vergleichsweise sehr gut durch diese Krise gekommen sind. Warum sind sie gut durch diese Krise gekommen? – Weil sie die Hausaufgaben gemacht haben, weil sie in guten Zeiten zurückgelegt haben für schlechte Zeiten. Unsere Regierung hat das nicht geschafft, aber das hindert uns nicht daran, jetzt die Hausaufgaben zu ma­chen und uns mit Strukturprogrammen auf die nächste Welle dieser Krise vorzube­reiten, entsprechende Wirtschaftsbelebungsprogramme aufzulegen, um dieser Krise etwas entgegensetzen zu können. Das erwartet man auch von uns. Und man erwartet sicherlich nicht, dass wir den Kopf in den Sand stecken und einfach nichts machen.

Wenn ich mir unseren Verwaltungsapparat ansehe, dann muss ich sagen, da würde es unwahrscheinlich viele Möglichkeiten geben. Es gibt eine Verwaltungskrake, der man locker die Hälfte der Arme abschneiden könnte und die immer noch funktionieren wür­de. Wir sind überverwaltet, wir haben Strukturen, die vielleicht vor 100 Jahren angebracht waren. Ich sage jetzt nur: Bezirkshauptmannschaften. Sie wurden damals so gebaut, dass man innerhalb eines Tages mit einem Pferdewagen hin- und zurückfahren konnte. Das alles ist nicht mehr zeitgemäß. Das heißt, wir müssen unsere Verwaltung radikal auf solide Beine stellen. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen. Wir müssen versu­chen, Ausgaben einzusparen, um etwas zurückzulegen, um dieser zweiten Welle, die ga­rantiert kommen wird, begegnen zu können.

Eines ist auch ganz sicher: Es gibt viele, die mahnen; sehr, sehr viele. Auch internatio­nale Experten mahnen, dass diese zweite Welle kommen wird – und wir stehen da mit heruntergelassenen Hosen. Wir haben nichts mehr, was wir dieser Krise entgegenset­zen können. Und jetzt frage ich Sie: Was wollen die Menschen von uns? Dass wir ein­fach tatenlos zusehen, wie uns diese zweite Welle überrollt? Oder wollen sie, dass wir hier in Österreich unsere Hausaufgaben machen, um zumindest etwas an Reserven anzuhäufen und dieser Krise etwas entgegenzusetzen? – Die Antwort können Sie sich selbst geben.

 


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