Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung, 20. Mai 2015 / Seite 54

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9.54.37

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Wenn man diese Debatte verfolgt, wie man sich über ein zehn Jahre altes E-Mail echauffieren kann und kriminalistische Untersuchungen daraus ableitet, dann könnte man irgendwie den Eindruck bekommen, dass sowohl den Regierungs­fraktionen als auch jener Fraktion, die diese Aktuelle Stunde initiiert hat, wirklich die Privatsphäre der Menschen am Herzen liegt.

Vielleicht kann man aber auch den Eindruck bekommen, dass es sich hier um eine große Ablenkungsaktion handelt. Erst gestern ist ein Gesetzentwurf aus dem Finanz­ministerium hinausgegangen, der das Ende des Bankgeheimnisses bedeutet. Wenn ich das Ende des Bankgeheimnisses mit dem Thema vergleiche, über das wir heute reden, dann wird mir viel unwohler, wenn ich weiß, dass der Staat in Zukunft in alle Konten Einsicht nehmen möchte. Dazu gibt es ja, wie wir wissen, bereits Verhandlun­gen zwischen SPÖ, ÖVP und den Grünen. Die Öffnung der Bankkonten ist der größte Angriff auf die Privatsphäre in diesem Land in der Zweiten Republik. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Alles, was wir hier diskutieren, sind in Wirklichkeit Peanuts. Das ist eine große, große Ablenkungsaktion! Erst vor ungefähr einem Monat, als wir die Pläne der Regierung über die Steuerreform präsentiert bekommen haben, hat es noch geheißen, dass nur die Konten der Unternehmer eingesehen werden sollen. Ich habe dazu noch gemeint, bei der nächsten Steuerreform werden es dann alle Konten sein. Nein, es ist schon diese Steuerreform, bei der in alle Konten eingesehen werden soll! Das ist etwas, was den Leuten Angst macht (Beifall bei Team Stronach und FPÖ) – und nicht ein aus­ländischer Geheimdienst, der zwei österreichische Regierungsmitglieder dabei be­lauscht, wie sie den Angriff auf das österreichische Bankgeheimnis zu bewerkstelligen planen. Das ist es nicht, meine Damen und Herren! (Abg. Podgorschek: Naja, auch das gehört nicht! Das geht trotzdem nicht!)

Lassen Sie mich einen kleinen Sprung machen: Wir haben uns in diesen Tagen des Abschlusses des Staatsvertrages erinnert und diesen Tag gefeiert. Eine dieser Signatarmächte waren auch die Vereinigten Staaten von Amerika, denen wir damals im Jahr 1955 wegen der Befreiung und wegen der Hilfsmaßnahmen auch noch wirklich mit Dank gegenübergestanden sind. Das hat sich im Laufe der Zeit schon etwas geändert, und in Wirklichkeit ist die antiamerikanische Ausländerfeindlichkeit die einzig salonfähige in dieser Welt geworden. Das hat sich insofern geändert, als dann noch die antirussische dazugekommen ist. Aber, meine Damen und Herren, in einer Zeit, in der es international immer schwieriger wird – wir haben hie und da lokale Kriege, wir haben einen Terrorismus, der eine Ausprägung hat, wie wir sie noch nie erlebt haben –, ist es ganz besonders heikel, wie wir mit unseren internationalen Beziehungen umgehen.

Wenn Sie vielleicht auch das Buch „Die Schlafwandler“ gelesen haben, wie es zum Ersten Weltkrieg gekommen ist – hier ein kleines Missverständnis, dort eine kleine Sanktion, dort ein kleiner lokaler Konflikt, und man ist einfach hineingeschlittert –, dann sehen Sie, dass es nicht ganz weit hergeholt ist, dass man auch heute manch eine Parallele zu damals ziehen kann. Es ist eine heikle Situation heute, und verant­wortungsvolle Politik ist aufgefordert, nicht die Völkerzwietracht in den Vordergrund zu stellen, sondern die Völkerfreundschaft.

Damit meine ich nicht, dass man Gesetzesverletzungen unter den Teppich kehren soll, sondern damit meine ich, dass man aus Mücken auch nicht Elefanten machen soll, dass man Dinge nicht hochspielen soll, weil man immer Gefahr läuft, dass sich gewisse Dinge verselbstständigen. (Abg. Darmann: ... Spionage ist keine Mücke!)

 


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