Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung, 20. Mai 2015 / Seite 81

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11.34.29

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren und insbesondere unsere heute so zahlreichen jugendlichen Hörer und Zuseher auf der Galerie! Die Aufgaben­stellung lautet: volle Solidarität und/oder klare Spielregeln? Herr Kollege Cap hat von einer „akademischen Diskussion“ gesprochen, was dem Hohen Haus ja an und für sich auch nicht unbedingt schadet, auf diesem Niveau zu diskutieren, wenn auch nicht jede Äußerung, die hier am Rednerpult getätigt wurde – zum Beispiel in Richtung der Briten „schleichts euch!“ –, unbedingt unter die akademische Diskussion im engeren Sinn zu subsumieren ist.

Die Europäische Gemeinschaft ist bekanntermaßen in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts sehr stark aus einer großen Welle der Solidarität – und, Kollege Hübner, insofern schon als Schicksals- und auch Chancengemeinschaft – als Folge der gemeinsamen Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg heraus entstanden. Die Gründerväter – wir kennen sie alle, Schuman, De Gasperi, Adenauer und viele andere bedeutende Staatsmänner – waren damals der Meinung, dass auf Basis dieser großen Solidarität ein geeintes, friedliches und vor allem auch wirtschaftlich erfolgreiches Europa geschaffen werden sollte. Interessant ist dabei allerdings, dass in der Folge die europäischen Staaten trotz dieses immer weiter ansteigenden Wohlstands Schul­denberge angehäuft haben. Das legt natürlich die Vermutung nahe, dass einige ihren Keynes nicht zu Ende gelesen haben.

Erst in Folge verschiedener Spekulationen, insbesondere im Wesentlichen von ameri­kanischen Finanzdienstleistern, als in der Folge dann die europäische Staatsschul­denkrise explodiert ist, ist man sich in Europa wirklich bewusst geworden, dass man struk­turelle Probleme, nämlich massive Schuldenprobleme hat. Dazu kommen natür­lich – das habe ich heute von der grünen Fraktion fast ein bisschen vermisst in diesem Zusammenhang – die globalen Herausforderungen für Europa auch im Um­welt­bereich – der Klimawandel geht uns alle an –, die zunehmenden Konfliktherde, das Flüchtlingsdilemma, und es wären noch viele andere Punkte zu erwähnen.

Insbesondere möchte ich aber das demographische Problem ansprechen, das gekop­pelt mit der Trias Trigger der Staatsverschuldung zu einem echten Problem wird, da viele Staaten – und da kann man natürlich auch Griechenland ansprechen – Schecks ausgestellt haben, allerdings Schecks, die auf die Zukunft und damit vor allem auf unsere Jugend ausgestellt sind.

Was ist die Schlussfolgerung daraus? – Ich glaube nicht, dass die Schlussfolgerung sein kann, dass mit einer sechsten, siebenten Urlaubswoche oder vielleicht darf es noch ein bisschen mehr sein, oder mit einer weiteren Arbeitszeitverkürzung die Sicher­heit und der Wohlstand in Europa gesichert werden können. Das Gegenteil, meine Damen und Herren, ist wohl der Fall: Nur durch eine massive Stärkung der Wett­bewerbsfähigkeit, durch die Innovationskraft unserer Wissenschaft und Wirtschaft können wir den Wohlstand sichern! Da bin ich mit Kollegen Cap wiederum vollkommen einer Meinung. (Abg. Kogler: Eine schöne Wald- und Wiesenrede!)

Auf der Ebene der europäischen Zusammenarbeit bedeutet das meiner Überzeugung nach dreierlei: auf der einen Seite sehr klare Regeln, was die großen Themen der Zusammenarbeit betrifft, auf der anderen Seite aber keine Überreglementierung in den Details. Ich glaube, die Bürger in Europa haben es satt, im Alltagsleben bevormundet zu werden. Es muss Schluss sein mit der Überbürokratisierung. Drittens aber – das möchte ich auch ansprechen – ist eine sinnvolle europäische Weiterentwicklung eines geeinten Europas nur auf der Basis eines gemeinsamen Wertekanons möglich. Ich glaube, die positiven Entwicklungen in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg waren vor allem auf Basis unserer christlich-abendländischen Wertekultur gegeben.

 


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