Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll75. Sitzung / Seite 108

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§ 3 Abs. 2 Z 2 betrifft die Gewährung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswür­digen Gründen gemäß dem 7. Hauptstück des AsylG 2005, die als „Aufenthaltsberech­tigung plus“, „Aufenthaltsberechtigung“ oder als „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ erteilt werden. Insbesondere erfolgt deren Erteilung, wenn dies gem. § 9 Abs. 2 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK geboten ist, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder wenn besonders be­rücksichtigungswürdige Umstände vorliegen. Gemein ist allen Formen des Aufenthalts­rechts aus berücksichtigungswürdigen Fällen, dass sie nur in Betracht kommen, wenn der Betreffende nicht über ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG oder NAG verfügt. Zielgruppe sind somit idR. unrechtmäßig aufhältige Fremde. Es handelt sich um Fälle, die im Rahmen einer zu fällenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu überprüfen sind, da über diese Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 3 und 8 AsylG 2005 im verfah­rensabschließenden Bescheid abzusprechen ist. Unterschiedliche Beschwerdefristen zu verschiedenen – inhaltlich zusammenhängenden – Spruchpunkten eines Beschei­des vorzusehen, wäre keinesfalls sachgerecht, da eine differenzierte Berücksichtigung für jeden Einzelfall gerade bei einer sehr hohen Beschwerdequote mit einem unver­hältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verbunden wäre, der nicht im Interesse der Verfahrensökonomie und des effektiven Rechtsschutzes steht. Es sind insofern Situa­tionen betroffen, in denen aufenthaltsbeendende Maßnahmen bevorstehen, die durch Ausstellung der Aufenthaltstitel abgewendet werden können, sodass die Entscheidung über jene Aufenthaltstitel untrennbar mit der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen verbunden ist. Aus diesem Grund ist es auch hier erforderlich, den ge­ordneten Vollzug des Fremden- und Asylwesens zu sichern, weshalb die verkürzte Be­schwerdefrist unerlässlich ist.

§ 3 Abs. 2 Z 7 betrifft die Führung von Verfahren nach dem GVG-B 2005 (mit Aus­nahme von Verwaltungsstrafverfahren). Nach dem GVG-B 2005 erhalten Asylwerber durch den Bund Versorgungsleistungen in einer Betreuungseinrichtung während des Zulassungsverfahrens. Sämtliche Entscheidungen, die über die Einschränkung, den Entzug oder den Ausschluss aus der Grundversorgung getroffen werden, betreffen da­her die Versorgung während des Zulassungsverfahrens. Das GVG-B 2005 kommt da­her nur für einen zeitlich beschränkten Geltungsbereich zur Anwendung, wodurch es für den Vollzug des GVG-B 2005 erforderlich ist, beschleunigte Entscheidungen zu treffen, da auch das Zulassungsverfahren effizient und rasch zu erledigen ist. Andern­falls bestünde das Risiko, dass Entscheidungen im GVG-B 2005 erst getroffen werden, wenn das GVG-B 2005 keine Anwendung mehr findet. Es besteht daher gerade hier das öffentliche Interesse, die Beschwerdefrist entsprechend zu verkürzen, um die schnelle Erledigung über den Grundversorgungsanspruch zu gewährleisten. Die Allo­kation der Grundversorgungsleistungen soll nur jenen Fremden zu Gute kommen, die diese tatsächlich benötigen. Bei Berücksichtigung der herrschenden Ressourcenknapp­heit und der steigenden Anzahl von Asylanträgen (im Vergleich 1. Quartal 2015 mit 10.207 Asylanträgen um + 150 % zum 1. Quartal 2014 mit 4.088 Asylanträgen) ist da­her maßvoll und zielgerichtet mit den bestehenden Mitteln umzugehen.

Die verkürzte Beschwerdefrist für die erwähnten Fälle, ist jedenfalls im Sinne der VfGH Judikatur gerechtfertigt. Insbesondere führte der VfGH (G31/98 ua) dazu aus, dass „nicht vorbehaltlos auszuschließen“ sei, dass eine Bestimmung, die die Verkürzung der Berufungsfrist vorsieht, als erforderlich zu betrachten ist, jedoch müssen in jenen Fäl­len Rechtsschutzeinrichtungen ein Mindestmaß an faktischer Effizienz für den Rechts­schutzwerber aufweisen. Die Voraussetzungen bei einer für den Rechtsschutz maß­geblichen Regelung wie der über die Dauer einer Rechtsmittelfrist sind laut VfGH dann gegeben, wenn „sie dem negativ beschiedenen potentiellen Rechtsschutzsuchenden gewährleiste[n], sein Rechtsmittel in einer Weise auszuführen, die sowohl dem Inhalt der anzufechtenden Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht adäquat ist


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