Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll77. Sitzung / Seite 76

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

mit seinen Mitteln sorgsam umgegangen wird und sie nicht dazu dienen, Einzel- oder Gruppeninteressen zu befriedigen. (Abg. Rädler: So wie bei der Hypo!)

Professor Friedrich Schneider von der JKU Linz sagt, dass 85 Prozent der Bevölkerung gerne ihren Obolus leisten würden. Österreich zählt hinter der Schweiz, den Nieder­landen und Luxemburg zu den steuerehrlichsten Ländern – Originalzitat Schneider. (Zwischenrufe der Abgeordneten Matznetter und Rädler.) Deshalb ist es unerklärlich, wieso gerade der Finanzminister glaubt, dass wir zur Gegenfinanzierung der Steuer-reform 1,9 Milliarden € aus dem Titel Steuerbetrug lukrieren können.

Die Regierung verhält sich wie ein Rauschgiftsüchtiger, der eine immer höhere Dosis benötigt, um alle Versprechen halten und das eigene Klientel bedienen zu können. (Abg. Rädler: Hallo! Ordnungsruf!) In der Folge ist der Regierung jedes Mittel recht, um noch zusätzliche Einnahmen erzielen zu können; auf der Strecke bleiben die Bürgerrechte. Die Errungenschaften der Revolution von 1848 wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und allgemeine Bürgerrechte gehen nunmehr durch diese Maßnahmen sukzessive verloren.

Sollen wir nach 167 Jahren vor diesem demokratiepolitisch epochalen Rückschritt stehen? Droht uns nach Metternich wieder der Spitzelstaat mit all seinen Graus­lichkeiten? Vorratsdatenspeicherung, Flugdatenspeicherung, Kontoöffnung ohne richterlichen Beschluss, Kontoregister, Fingerprints, das Sammeln von IP-Adressen und letzten Endes die Abschaffung des Bargeldes: Sind die nächsten Schritte die Abschaffung der Unverletzlichkeit des Eigentums und des Briefgeheimnisses des Staatsgrundgesetzes von 1867 mit der Begründung, dass Terrorismus droht oder dass die sogenannten Reichen noch mehr zur Kasse gebeten werden sollen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Antrag sind einige Formulierungen vielleicht nicht sehr glücklich verfasst; dennoch werden wir Freiheitliche diesen Antrag unterstützten.

Die Visionen aus George Orwells (Abg. Rädler: Ah geh!) Roman „1884“ (Abg. Matznetter: „1984“, Herr Kollege!) – Entschuldigung, „1984“ – sind mittlerweile schon längst eingetreten – wie zum Beispiel das Neusprech, welches längst schon Einzug in unsere Gehirne gehalten hat. Wir haben bereits die nächste Stufe eines Über­wachungsstaates erreicht. Wir befinden uns nämlich im Stadium der sogenannten „Tribute von Panem“, in dem jedes Jahr ein neues Opfer in Form einer bestimmten Bevölkerungsgruppe gefunden wird, das die Gier des Staates befriedigen soll.

Was wir benötigen, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein gläserner Staat – und nicht der gläserne Bürger. (Beifall bei der FPÖ.)

15.59


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hable zu Wort. – Bitte.

 


16.00.02

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger! Transparenz ist eine Tochter der Demokratie; das haben wir NEOS hier im Hohen Haus immer wieder betont. Aber anscheinend müssen wir darüber aufklären, welche Transparenz hiermit gemeint ist.

Es ist die Transparenz des Staates, die die Tochter der Demokratie ist, nicht die Transparenz der Bürger! Die Transparenz der Bürger, der gläserne Bürger – das ist der Weg zum Überwachungsstaat. Was wir brauchen, ist Transparenz, ja: aber Trans­parenz des Staates! Das ist diejenige, die wir meinen; da herrscht offenbar ein Miss­verständnis vor.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite