Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 47

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konkreten Zahlen anschauen, denn Österreich gibt für das Sozialsystem jedes Jahr 96 Milliarden € aus und 200 Millionen € für die Grundversorgung von Asylwerbern. – Das muss dann wohl unterzubringen sein. Wenn unser Sozialsystem ein Finanzierbar­keitsproblem hat, dann sind andere Fehler der Regierung dafür verantwortlich, aber sicher nicht die Zahl der Asylwerber.

Was die Situation heute zeigt, ist, dass die Bundesregierung heillos überfordert ist. Da gebe ich den Kritikern vollkommen recht. Ich gebe auch jenen recht, die der ÖVP vor­werfen, dass sie in den Chor der rechten Hetzer einstimmt, denn das, was da am Wo­chenende von Ihnen, Frau Bundesministerin, und vom Integrationsminister Kurz ge­kommen ist, ist in Wirklichkeit nur Öl ins Feuer gegossen und Wasser auf die Mühlen der FPÖ-Propaganda! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Fekter: Sie nehmen die Men­schen nicht ernst!)

Ich nehme die Menschen schon ernst, aber, Frau Abgeordnete Fekter, es nützt nichts, wenn wir hier herinnen schöne Worte finden und Ihre ÖVP-Bürgermeister den Bürgern vor Ort signalisieren, dass Asylwerber im Dorf eine Zumutung wären. Das sind Ihre Parteifreunde, die überall in den kleinen Dörfern  (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, Ihre Bürgermeister sagen das ... (Abg. Rädler: Wer sagt das?)

Herr Rädler, Sie sind ja selbst Bürgermeister, telefonieren Sie einmal mit Ihren Kolle­gen, was da zum Teil für eine Politik gemacht wird! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich nehme die Bürgermeisterin von Alberschwende, Kollegin Schwarzmann, po­sitiv aus, aber ganz viele andere von Ihrer Couleur sind da schlechte Beispiele. Schau­en Sie nur, was Sepp Schellhorn erlebt hat! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Strolz.)

Wenn wir schon den Bogen zum Arbeitsmarkt spannen wollen und wenn wir der Mei­nung sind – wie das Katharina Wiesflecker in Vorarlberg behauptet –, dass die Asyl­werber, wenn sie einen Asylstatus haben, ein Problem für die Mindestsicherung wer­den, dann muss man sich fragen, warum das überhaupt so ist. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das stimmt nicht! So hat sie es nicht gesagt!) Wenn sie dazu gezwungen werden, nicht zu arbeiten (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Na dann dürfen’s ja arbei­ten!), wenn sie keine Deutschkurse bekommen, weil wir diese Ressource nicht zur Verfügung stellen, ist es logisch, dass sie, wenn sie dann einmal das Recht haben, zu bleiben, aufgrund der langen Arbeitslosigkeit nicht arbeiten können, denn wenn jemand zu lange vom Arbeitsmarkt weg war, findet er viel schwerer wieder hinein.

Wenn wir nicht dafür sorgen, dass sie ordentlich Deutsch lernen, wenn sie da sind, dann legen wir ihnen die Brücke zum Arbeitsmarkt schon gar nicht. Wir haben selbst Verantwortung dafür, dass am Schluss Personen, die das Bleiberecht bekommen, nicht auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen sind und in der Mindestsicherung landen.

Österreich hat die Verpflichtung, den Arbeitsmarkt für Asylwerber zu öffnen (Abg. Bela­kowitsch-Jenewein: Machen wir auf für alle!) und eine diesbezügliche EU-Richtlinie umzusetzen, der Sie, Frau Ministerin, selbst im Rat zugestimmt haben. Bis 20. Juli ha­ben wir dafür noch Zeit. Wir laufen Gefahr, in ein Vertragsverletzungsverfahren zu kom­men. Das dürfen Sie uns dann erklären, warum Sie eine Richtlinie nicht umsetzen, die Sie selbst beschlossen haben.

Das ist eine humanitäre und eine menschliche Notwendigkeit, den Leuten das Selbst­wertgefühl zu geben, das man bekommt, wenn man arbeiten kann und arbeiten darf. Panikmache ist fehl am Platz, wir müssen nach Lösungen suchen! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

10.36


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

 


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