Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 79

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Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Ing. Vogl. – Bitte.

 


12.12.07

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte Bezug nehmen auf die Anträge Nummer 5 und 6 der Ab­geordneten Schatz zum Thema Mindestlohn und bin etwas überrascht, wie hier die Debatte heute läuft. Ich habe Sie eigentlich bisher sehr sachlich erlebt in der Diskus­sion, und ich finde auch die Diskussion über das Thema Mindestlohn sehr wichtig, und es ist gut, dass wir sie heute im Plenum führen, auch wenn ich politisch anderer An­sicht bin, wie die Lösung aussieht.

Sie werfen mit Ihrem Antrag zwei wichtige Fragen auf. Die eine Frage ist: Wie hoch soll ein Einkommen sein, wenn jemand 40 Stunden in unserem Land beschäftigt ist?, und die zweite Frage ist, wenn wir uns hier auf einen Betrag geeinigt haben: Wie setzen wir diesen Anspruch durch?

Es gibt in unserem Land seitens des ÖGB die Forderung nach 1 500 € Mindestlohn, und ich denke, es wird hier, zumindest wenn ein Mikrofon in der Nähe ist, im Plenum keiner widersprechen, dass diese Forderung gerechtfertigt ist. Diese 1 500 € Mindest­lohn, die hier gefordert sind, entsprechen nach österreichischer Logik 8,70 € Stunden­lohn. Rechnet man es auf die europäische Logik um, dann reden wir hier von 10,10 € Stundenlohn. Da das 13. und 14. Gehalt umgelegt werden muss, wenn ich ausrechnen will, was man für die Stunde bekommt, weil es ja in Deutschland nur zwölfmal im Jahr einen Gehalt gibt, kommt man hier auf ungefähr 10,10 €.

Wenn wir uns darauf einigen, 1 500 € oder, wenn wir es umrechnen, 1 600 € Mindest­lohn sind eine gerechtfertigte Forderung, dann muss man sich fragen: Wie setzen wir sie um? Da haben wir schon ganz klar und öfters ausgeführt, warum wir der Meinung sind, dass gesetzliche Mindestlöhne nicht das sind, was wir uns wünschen. Gesetzli­che Mindestlöhne sind ein Ausdruck dessen, dass es nicht gelingt, zwischen Arbeitge­ber- und Arbeitnehmerseite einen gerechten Interessenausgleich zu erreichen. Dass Deutschland heute auf das Instrument Mindestlohn angewiesen ist, ist auch auf die Schwäche unserer deutschen Gewerkschaftskollegen zurückzuführen, die dieses Ins­trument brauchen. Und wir haben erlebt, dass Mindestlöhne nie die Lohndynamik ab­bilden können, wie sie sich in den einzelnen Branchen ergibt. Und was die größte Kritik von uns an Mindestlöhnen ist: dass sie in Krisenzeiten – da kann man sich ganz Eu­ropa ansehen – gekürzt werden.

Sie haben inzwischen Ihre Anträge modifiziert, Sie sind zum Glück ein Stück weiterge­gangen. Darum denke ich mir, dass hier durchaus ein Diskussionsprozess stattfindet, weshalb ich Ihre Kritik nicht verstehe, dass wir auf gewisse Dinge nicht eingehen wür­den. Nur: Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, und darauf können wir stolz sein, ist es uns in Österreich in den letzten Jahren gelungen, die Tariffläche nicht zu minimieren, sondern eine Tariffläche von 95 Prozent zu erreichen. Wenn Sie rich­tigerweise in dem Antrag darauf hinweisen, dass es immer noch Bereiche gibt, wo wir keine Kollektivverträge haben, dann ist mein Zugang der, dass ich sage, wir müssen diese Tariffläche schließen, und da sind wir im Moment gerade sehr erfolgreich dabei. Wir stehen kurz davor, einen weiteren großen Bereich zu erledigen, wo ich hoffe, dass wir sehr bald auch dort einen Tarifvertrag haben. Daher denke ich, wir brauchen hier nicht eine zusätzliche Regelung, sondern wir sollten diejenigen unterstützen, die wirk­lich im Verhandlungsprozess sind.

Ich würde mir vielmehr wünschen, dass wir nicht nur in diesem Hohen Haus 1 500 € Mindestlohn als gerechtfertigte Forderung sehen, sondern uns auch dort, wo wir in Verantwortung stehen – und da gibt es viele Bereiche, wie etwa jenen der Notare, wo


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