Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 80

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wir diese Forderung noch nicht in einem Kollektivvertrag umgesetzt finden –, bemühen, dass diese Forderung endlich umgesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

12.15


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


12.15.34

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Schatz, ich ersuche Sie, das nächste Mal im Ausschuss besser zuzuhören, damit Sie auch wissen, von welchen Löhnen ich gesprochen habe! Und glauben Sie mir, ich gehöre zu dieser Min­derheit, die Löhne und Gehälter auszahlt, und ich weiß schon, wovon ich rede. (Beifall bei der ÖVP.)

Mindestlöhne sind in Österreich in Kollektivverträgen geregelt, die von der Wirtschafts­kammer und vom ÖGB abgeschlossen werden, und das ist gut so, denn verhandelt wird von Praktikern aus der jeweiligen Branche. Genau diese Berücksichtigung der Si­tuation der jeweiligen Branche ist so wichtig, denn ein gesetzlicher Mindestlohn würde ertragsschwache Branchen sowie Arbeitsplätze in diesem Bereich killen.

Das vielzitierte Beispiel Friseur: Da haben wir einen Mindestlohn sofort nach Ab­schluss der Lehre in Höhe von 1 325 €, natürlich ohne Trinkgeld. Ein selbständiger Fri­seur verdient im Durchschnitt das Gleiche, mit dem Unterschied, das unternehmeri­sche Risiko zu tragen und sozial schlechter abgesichert zu sein. So ist nämlich die wirkliche Welt, Frau Kollegin Schatz! (Beifall bei der ÖVP.)

Tatsächlich liegen die meisten Kollektivverträge auch in den niedrigsten Positionen, nämlich sofort nach Lehrabschluss, bereits deutlich über 1 300 €, Angestellte im Han­del haben nach dem Lehrabschluss 1 500 €, und Arbeitnehmer im Baugewerbe, das zu den höchsten Kollektivverträgen zählt, 2 280 €. Abgesehen davon zahlt die Sparte In­dustrie wesentlich höhere Löhne aus. Damit liegt Österreich bei den verpflichtenden Mindestlöhnen im internationalen Spitzenfeld – und dieser Vergleich berücksichtigt nicht, dass in Österreich die Arbeitgeber auch noch sehr hohe Lohnnebenkosten zu bezahlen haben.

Aufgrund der gesetzlichen Kammermitgliedschaft sind fast alle Unternehmer der Pri­vatwirtschaft und 99 Prozent der Arbeitnehmer von diesen kollektivvertraglichen Min­destlöhnen erfasst. Auch damit stehen wir an der Spitze in der Europäischen Union.

Mindestlöhne werden in fast allen Kollektivverträgen meist über der Inflationsrate ab­geschlossen, so auch in unseren Hauptkrisenjahren 2008/2009, sodass die Kaufkraft auch stetig steigt. Dass das durchschnittliche Realeinkommen sich schlechter entwi­ckelt, hat nichts mit der Lohnpolitik unserer Sozialpartner zu tun, sondern damit, dass sehr viele Teilzeitjobs dazugekommen sind, die das statistische durchschnittliche Ein­kommen senken.

Ja, ich bin der Meinung, Arbeit und Leistung müssen sich lohnen. Daher ist es wichtig, dass wir künftig weiterhin die Lohn- und Sozialabgaben senken, und das wird uns nur gelingen, wenn wir die Mindestsicherung und sonstige Transferleistungen besser in den Griff bekommen.

Ich möchte Ihnen da ein Beispiel bringen, das mir ein Vier-Sterne-Hotelbetrieb letzte Woche geschickt hat, ich kann Ihnen aber auch ganze Ordner mit solchen Fällen liefern: Ein Job war ausgeschrieben beim AMS, eine Dame ist eingeladen worden – was war? Stellungnahme des Unternehmers an das AMS: Sohn war da, Mutter will nicht arbeiten, es ist ihr sowieso wurscht, ob sie Geld kriegt oder nicht. – Klar, denn sie kriegt ja Mindestsicherung. Und genau dieses Thema müssen wir in den Griff bekom­men.

 


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