Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 218

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Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Dr. Scherak. – Bitte.

 


15.51.14

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ganz grundsätzlich: Ich glaube, wir hätten eine längere Diskussion über das Thema Erbrecht haben können, und ich glaube, dass das zu schnell gegan­gen ist und wir uns vor allem der Debatte hätten stellen müssen, was denn ein Erbrecht im 21. Jahrhundert können muss. Ich glaube, woran man sieht, wie modern ein Erbrecht ist, das ist insbesondere am Pflichtteilsrecht. Wir verkleinern den Kreis der Berechtigten, was den Pflichtteil betrifft, wir schaffen Möglichkeiten durch die Erweite­rung der Enterbungsgründe, erweitern auch die Möglichkeiten der Reduzierung des Pflichtteils.

Was wir nicht tun, und das finde ich sehr schade, ist, die 10-Jahresfrist einzuführen, was die Anrechnung beim Pflichtteil betrifft. Es wäre einerseits eine Frage der Rechtssicherheit gewesen, dass man diese Frist einführt, und andererseits auch dem internationalen Trend entsprechend, dass man das so macht. Vor allem geht es da aus meiner Sicht aber um eine grundsätzliche Frage, nämlich darum, was denn dieser Pflichtteil eigentlich sein soll. Wenn wir – so wie in der Regierungsvorlage an und für sich vorgesehen – eher restriktiver mit dem Pflichtteil umgehen, dann wäre so eine Frist auch sinnvoll gewesen, denn dann würden nämlich genau jene Geschenke, die in den letzten Jahren gemacht wurden, angerechnet werden und nicht alle Geschenke, die über das ganze Leben hinweg gemacht wurden.

Genau daran sieht man, dass wir die Debatte, was der Pflichtteil sein soll, nicht geführt haben, und ich glaube, dass wir sie hätten führen müssen. Ich glaube auch, dass es an der Zeit gewesen wäre, dass man dem Erblasser mehr Privatautonomie ermöglicht, dass er in diesem Zusammenhang mehr Freiheit hat, weil wir auch wissen, dass diese Idee des Pflichtteils aus dem Jahre 1811 stammt, als die Gegebenheiten ganz andere waren, die Lebenserwartung viel geringer war, deswegen hat man den Pflichtteil auch gebraucht, um minderjährigen Kindern von jung verstorbenen Eltern eine ent­sprechen­de Versorgung zukommen zu lassen. Das ist ja jetzt unter anderem durch Unterhalts­ansprüche geregelt.

Ich glaube, wir hätten diese Diskussion führen sollen, und dann hätten wir auch nicht das Problem betreffend die Stundung des Pflichtteils. Es ist grundsätzlich gut, dass wir das haben, das halte ich für richtig, aber ich glaube, insbesondere wenn es um Verzugs­zinsen geht, dass die Zinsen dann wahrscheinlich doch zu hoch sind und dass jene Unternehmen, die diese Pflichtteilsstundung in Anspruch nehmen werden – nämlich die, denen es wirtschaftlich nicht so gut geht –, dann ein paar Jahre später auch ein Problem mit der entsprechenden Zinslast haben werden.

Insgesamt, glaube ich, hätten wir weiter gehen können, was den Pflichtteil angeht. Es gibt sehr viele Experten, die schon Vorschläge in Richtung vollkommene Abschaffung gemacht haben, auch der internationale Trend geht in diese Richtung, die Regierungs­vorlage geht ebenfalls in diese Richtung. Ich glaube, wir hätten mehr darüber disku­tieren sollen.

Noch ein Wort zu den pflegenden Angehörigen. Ich glaube auch, dass da ein unglaubliches Spannungsverhältnis besteht. Ich halte es für richtig, dass sie erb­rechtlich einen Anspruch haben, aber ich glaube, man muss da immer aufpassen, dass es eben nicht dazu kommt, dass es quasi als selbstverständlich vorausgesetzt wird, dass Angehörige, insbesondere Frauen, pflegen, so nach dem Motto: Na ja, sie krie­gen ja nachher eh aus dem Erbe etwas, und deswegen ist die Pflegeleistung ganz selbstverständlich!

 


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