Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 219

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Alles in allem – ich habe es im Ausschuss auch schon gesagt –: Ich hätte mir eine weiter gehende Reform gewünscht, nichtsdestotrotz geht sie in die richtige Richtung, und deswegen werden wir dem auch zustimmen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

15.54


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner hat sich Herr Bundesminister Dr. Brandstetter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.54.18

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Besucherinnen und Besucher auf der Galerie! Ich möchte eigentlich nur einige Grundsätze der vorlie­genden Erbrechtsreform noch einmal speziell hervorheben, bevor ich dann natürlich auch auf das eine oder andere, was hier an Detailkritik gekommen ist, eingehe.

Die Kritik, die jetzt gekommen ist und die wir ja im Detail auch im Justizausschuss ausführlich diskutiert und debattiert haben, zeigt mir eigentlich, dass wir mit diesem Entwurf doch die goldene Mitte getroffen zu haben scheinen: Manchen geht er zu weit, manchen geht er zu wenig weit. Tatsache ist – und es ist mir schon wichtig, das festzuhalten –: Es ist höchste Zeit gewesen für eine Modernisierung des Erbrechts. Es ist, wie schon gesagt wurde, mehr als 200 Jahre alt, und mit dieser Reform wollen wir einfach das Erbrecht den heutigen gesellschaftlichen Gegebenheiten entsprechend anpassen. Es geht vor allem auch darum, die zum Teil wirklich sehr komplizierten Bestimmungen, die eben antiquiert und anachronistisch wirken, lesbar, greifbar und vor allem nachvollziehbar darzustellen – und das ist mit diesem Entwurf mit Sicherheit in hohem Maß gelungen.

Dieses Reformvorhaben – das möchte ich auch ausdrücklich festhalten – wurde mit den wichtigsten Experten des Erbrechts ausführlich und intensiv diskutiert und nach intensiven Arbeitsgruppensitzungen von den Legisten meines Hauses auf Basis dieser Gespräche unter Einbeziehung auch von externer Fachkompetenz entsprechend überarbeitet. Letztlich hat das Ganze in diesem vorliegenden Entwurf gemündet, der sehr umfangreich geworden ist; insgesamt erneuern wir ja acht Hauptstücke des ABGB, und es wurden über 300 Paragrafen überarbeitet.

Es ist mir gar nicht möglich, jetzt auf alles im Detail einzugehen, aber inhaltlich wesentlich ist die Veränderung im Pflichtteilsrecht. Die Möglichkeit der Stundung von Pflichtteilsansprüchen und die Einführung von geeigneten Zahlungserleichterungen zuguns­ten der Erben ist schon etwas sehr Wesentliches. Wir haben da eine wichtige Möglichkeit geschaffen, um zu verhindern, dass etwa Familienbetriebe durch den Übergang auf die nächste Generation zerschlagen werden müssten; allzu oft ist das passiert, und das wollen wir verhindern.

Künftig kann der Pflichtteil auf Anordnung des Erblassers oder auf Verlangen des belasteten Erben für die Dauer von fünf Jahren gestundet oder auch in Raten bezahlt werden; in besonderen Fällen, unter gerichtlicher Kontrolle, ist eine Stundung auf maximal zehn Jahre möglich. Im Rahmen dieser Stundung wird das Gericht eine Inter­essenabwägung zwischen den Interessen des Erben und jenen des Pflichtteils­berechtigten vorzunehmen haben. Da geht es eben um Fälle, in denen der Erbe mangels ausreichenden anderen Vermögens die im Nachlass befindliche Wohnung, die ihm zur Befriedigung seines eigenen Wohnbedürfnisses dient, oder ein Unterneh­men, das seine wirtschaftliche Lebensgrundlage darstellt, andernfalls veräußern müsste. Das soll damit verhindert werden, und das wird auch gelingen.

Am Pflichtteilsrecht an sich wird festgehalten. Es sind natürlich die Interessen der Pflichtteilsberechtigten zu berücksichtigen, und es wird eben Sache des Gerichts sein,


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite