Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 244

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16.57.00

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ja, ich freue mich darüber, dass es heute so weit ist, dass wir mit der Strafrechtsreform einmal insofern vorläufig fertig sind, als es einen Entwurf gibt, über den wir hier abstimmen können.

Ich möchte aber schon zu Beginn meiner ganz kurzen Ausführungen sagen, dass wir diesen Entwurf und diese Reform meiner Amtsvorgängerin verdanken, Frau Kollegin Professor Dr. Beatrix Karl, die ja jetzt als Abgeordnete auch anwesend ist, denn Sie war es, die zur richtigen Zeit die richtige Initiative gesetzt hat: Sie hat im Februar 2013 eine hochkarätige Expertengruppe gebildet, die sich einfach wirklich völlig unabhängig und frei mit der Frage zu beschäftigen hatte: Was müsste man denn an unserem Strafrecht im Sinne einer Modernisierung ändern?

Es ist wirklich wichtig, dass man hier auch auf den Rat von externen unabhängigen Experten vertraut gerade in Bezug auf das Strafrecht, das natürlich dazu neigt, dass es gesellschaftspolitisch polarisiert, wie wir ja im Zuge der Diskussionen auch gesehen haben. Letztlich ist es auch diese Tendenz zur Polarisierung bei zentralen Themen, die dazu geführt hat, dass wir im Rahmen der breit angelegten Begutachtung insgesamt mehr als 200 Stellungnahmen bekommen haben, die zum Teil sehr, sehr umfangreich und vor allem auch höchst unterschiedlich waren. Und da ist es schon sehr schwierig, hier auch wirklich alle Interessen, alle Meinungen unter einen Hut zu bringen. – Aber dazu kommen ich schon noch.

Wesentlich ist – und das ist der zentrale Punkt, um den es mir geht –, dass wir mit diesem Reformentwurf eine Neuakzentuierung schaffen – eine Neuakzentuierung des Strafrechts, die über eine Modernisierung hinausgeht, nämlich in der Richtung, dass wir einfach das Verhältnis zwischen den Strafen bei reinen Vermögensdelikten einer­seits und bei Körperverletzungs- und Gewaltdelikten andererseits verändern wollen. Es macht einfach Sinn, den strafrechtlichen Schutz dort zu erhöhen, wo es um Beein­trächtigungen und Schäden geht, die man mit Geld alleine nicht mehr gutmachen kann, und das ist das Grundanliegen, das ja auch der Herr Abgeordnete Stefan, wie er vorhin gerade gesagt hat, durchaus teilt.

Dieses Grundanliegen bedeutet, dass man die Relation der Strafen verändern muss. Das kann man auf vielfache Art und Weise tun. Man kann die Strafdrohungen bei den Gewaltdelikten, bei den Verletzungsdelikten an Leib und Leben, erhöhen. Das haben wir zum Teil gemacht. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Man könnte auch die Strafdrohungen bei den reinen Vermögensdelikten senken. Das haben wir letztlich nicht gemacht, aber wir haben versucht, diesen Akzent über eine Erhöhung der Wertgrenzen umzusetzen. Das muss man sehen. Es wäre ein Wider­spruch, einerseits zu sagen, ja, man will diese Neuorientierung, diese Neuakzen­tuierung, aber andererseits genau den Hebel, mit dem wir das erreichen wollen, nämlich die Anhebung der Wertgrenzen, zu kritisieren. Das passt nicht zusammen. Da geht es nicht nur um eine inflationsbedingte Anpassung – nein, das ist auch der Hebel, mit dem wir ganz bewusst erreichen wollen, dass die Strafen für die reinen Vermö­gens­delikte in Relation zu den Gewaltdelikten geringer werden. Das ist das Hauptan­liegen des Gesetzesvorhabens. Zu dem stehe ich, und es findet breite Zustimmung. Das haben wir im Rahmen der Begutachtung gemerkt.

Ja natürlich, ich stehe auch dazu, dass wir auf viele Anregungen und auf Kritik einge­gangen sind und das umgesetzt haben, was im Zuge der Begutachtung gekommen ist.

Gerade im Strafrecht ist das notwendig und wichtig. Das Strafrecht braucht einen möglichst breiten Konsens, auf dem es im Sinne einer bestmöglichen Funktions­fähig-


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