Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 263

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davontragen (Depressionen, soziale Isolation, Entwicklung von Alkohol-, Drogen- oder Medikamentensucht, Selbstmordgedanken,etc.). Aber auch die Volkswirtschaft hat darunter zu leiden. Gemobbte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weisen im Verhältnis mehr Fehlzeiten auf, Qualität und Produktivität der Arbeit können sinken. Auch kann es zur Erwerbsunfähigkeit führen und eine erforderliche Anhebung des Pensions­antritts­alters gefährden.

Zahlreiche europäische Staaten (Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark, Belgien, Niederlande, Frankreich, Schweiz und auch Serbien) haben den Handlungsbedarf erkannt und mit der Einführung eines Anti-Mobbing-Gesetzes ein politisches Zeichen gesetzt. In Österreich sehen die Verantwortlichen nach wie vor keinen Bedarf für ein solches Gesetz, obwohl diverse Studien seit Jahren auf steigende Mobbingraten hinweisen. Während es in der EU durchschnittlich vier Prozent sind, liegt die durch­schnittliche Mobbingrate in Österreich bei sieben Prozent (European Working Con­ditions Surveys (EWCS)-Studie). Laut aktuellem OECD-Report „Skills for Social Progress: The Power of Social and Emotional Skills“ hat Österreich auch die höchste „Bullying“ (Mobbing an Schulen) -Rate. Mit 21,3 Prozent weist Österreich einen fast doppelt so hohen Anteil an Mobbingopfern im Schulumfeld aus als der OECD-Schnitt der untersuchten Länder mit 11 Prozent.

Die Einführung eines einheitlichen „Anti-Mobbing-Gesetzes“ scheint daher mehr als zwingend notwendig. Derzeit sind Schutznormen über den gesamten Rechtsbereich verstreut.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Geset­zesentwurf zuzuleiten, welcher die derzeitige Zersplitterung der Schutznormen betref­fend Mobbing zusammenfasst und somit für die Betroffenen einen einheitlichen Rechtsschutzkatalog herstellt.“

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Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Troch. – Bitte.

 


17.53.12

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dieser Reform des Strafrechts behandeln wir als Gesetzgeber erstmals Cybermobbing. Laut Stadtschulrat gibt es allein an Wiener Schulen jedes Jahr 150 Fälle von Cybermobbing. Und diese 150 Fälle sind nur jene schwerwiegenden, die zu einem Schulwechsel oder Schulabbruch führen. Ich fürchte, die Dunkelziffer liegt höher.

2010 ereignete sich in Velden in Kärnten der tragische Fall des 13-jährigen Joël: Nach einer Mobbing-Attacke auf Facebook, bei der es um Nacktdarstellungen und seine sexuelle Orientierung ging, nahm sich dieser junge Bub das Leben. Aufgrund der unzureichenden Rechtslage konnten die Täter nicht ausgeforscht werden. Damals gab es keinen konkreten Tatbestand für einen Gerichtsbeschluss, Facebook zeigte sich deswegen nicht kooperativ. Seit damals kämpft Joëls Mutter Michaela darum, dass Cybermobbing ernst genommen wird.

 


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