Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 310

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beiden wohl berühmtesten oder sagen wir bekanntesten Österreicher, die Ende des letzten Jahrtausends, in den neunziger Jahren nach Brasilien geflüchtet sind, began­nen beide mit den Buchstaben „R“, den einen nenne ich „Ry“ und den anderen „Ro“. „Ro“ war ein einfacher Betrüger. Was heißt „einfacher“? – Er ist wegen gewerbs­mäßigen Betrugs im Ausmaß von über 50 Millionen Schilling verurteilt worden, wäh­rend Herr „Ry“ schon einen viel größeren Schaden angerichtet hat, nämlich nach eigenen Worten über 5 Milliarden €. Das entspricht wahrscheinlich rein zufällig genau dem Volumen der Steuerreform, die wir heute beschlossen haben.

Der Erstgenannte hat sich über ein Jahr in Auslieferungshaft befunden, der Zweite über vier Jahre. Beide sind schließlich verurteilt worden. Der Zweite, der ein Geflecht von Firmen konstruiert und damit Umsatzsteuerbetrug begangen hat, konnte allerdings wegen dieses Umsatzsteuerbetrugs nicht in Österreich verurteilt werden, weil es sich um ein Fiskaldelikt gehandelt hat. Damals konnte nämlich nur auf Gegenseitigkeit ausgeliefert werden. Mit diesem Defizit beziehungsweise mit dieser Lücke räumen wir durch das Auslieferungsabkommen, das wir heute beschließen, auf. Es ist nicht nur auf Gegenseitigkeit auszuliefern, sondern auch wegen Fiskaldelikten, also auch wegen des Delikts, für das Herr „Ry“ in Österreich letztlich nicht verurteilt werden konnte.

Dieses Abkommen folgt in seiner Systematik natürlich den Auslieferungsabkommen, die wir auch sonst schon abgeschlossen haben. Es beinhaltet im Wesentlichen drei Abschnitte: die Voraussetzung für die Auslieferung, Verfahrensfragen und Schlussbe­stim­mungen. Wesentlich bei den Voraussetzungen ist – das habe ich schon gesagt –, dass auch fiskalische Delikte enthalten sind.

Hervorheben möchte ich bei den Verfahrensbestimmungen, dass es nicht mehr aus­schließlich des diplomatischen Verkehrs bedarf, dass wir nicht für alles Beglaubigun­gen brauchen, sondern dass auch der einfache Weg vorgesehen ist, insbesondere ist auch ein elektronischer Verkehr möglich.

Alles in allem soll es die Auslieferungshaft verkürzen, und damit haben wir in Wirklich­keit eine Win-win-win-Situation. Der ersuchte Staat muss weniger Geld für die Aus­lieferungshaft ausgeben. Der ersuchende Staat kommt schneller zur Rechtsfindung, zum Strafverfahren und zur Vollstreckung, aber auch der Ausgelieferte selbst muss nicht so lange warten, bis er seinen Prozess erhält.

Daher volle Zustimmung zu diesem Abkommen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Mag. Dr. Feichtinger. – Bitte.

 


20.09.55

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Im Rahmen der Debatten über die Justizmaterien, in dem wir heute schon ein Erbrechts-Änderungsgesetz beschlossen haben, wovon jeder und jede von uns irgendwann einmal betroffen sein wird, wechseln wir wieder hinüber in den Bereich des Strafrechts.

Ich werde nicht so weit zurückgreifen wie Kollege Vetter, aber auch ein paar Beispiele anführen. Ronnie Biggs war Mitglied der britischen Räuberbande, die 1963 den Post­zugraub beging. 1965 ist er dann nach Brasilien geflohen. Bekanntlich konnte er sich dort jahrzehntelang der Inhaftierung entziehen und ist dann schlussendlich freiwillig zurückgekehrt. Er war wohl das international bekannteste Beispiel.

Der in Österreich bekannteste Fall betraf Peter R., ich möchte ihn so nennen, Kollege Vetter hat den Namen auch nicht voll zitiert. (Abg. Fekter: Es war ein Kollege aus dem Parlament! – Rufe bei der ÖVP: Rosenstingl! Mitglied der Blauen!) Der Name wurde


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