Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 328

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Werthaltung und Einstellung der Bevölkerung ist. Andersherum gesagt: Die Werthal­tung der Bevölkerung soll sich in Gesetzen widerspiegeln.

Nun, Herr Minister, fragen Sie Ihre StudentInnen oder Menschen auf der Straße! Jeder stellt sich vor, die Justiz soll gerecht handeln, genau, sorgfältig, verlässlich, in einem gewissen zeitlichen Rahmen und vor allem unabhängig. Unabhängig, das ist das Schlüsselwort.

Ich bin als Laie ja auch manchmal mit Passagen aus dem Staatsanwaltschaftsgesetz konfrontiert. Wir haben die Situation, dass in § 8 – ich glaube, es war § 8a – zu lesen ist und war, dass in sogenannten clamorosen Fällen, in denen Persönlichkeiten öffentlichen Interesses mit der Justiz in einem gewissen Auseinandersetzungsstadium sind, sprich, dass sie eventuell angeklagt sind, dass sie Beschuldigte sind, diese Prominenten interessanterweise einer Berichtspflicht seitens der Staatsanwaltschaft unterliegen. Sie haben – das muss ich Ihnen hoch anrechnen – diese Berichtspflicht stark reduziert, fast gänzlich reduziert, nur kann man den Bericht als Minister nach wie vor einfordern. Der Staatsanwalt muss nicht mehr vor gewissen Unter­suchungs­schritten und verschiedenen anderen Entscheidungen nach oben berichten, sozusagen per legem, nein, er muss vielleicht auf Veranlassung berichten, und wir haben heute schon gehört, der Herr Justizminister ist eine politisch verantwortliche Person, die natürlich auch dem Parlament Rede und Antwort stehen muss. Ich habe auch schon mit zahlreichen Ihrer Vorgänger verschiedene Diskussionen geführt.

Das war der Vorteil dieser neuen Regelung, dass sozusagen die Berichtspflicht fällt, aber die Berichtsnotwendigkeit, wenn sie eingefordert wird, nach wie vor besteht.

Jetzt haben wir den zweiten Punkt, über den schon sehr viel diskutiert worden ist, nämlich das sogenannte Weisungsrecht. Aus der Praxis gesprochen haben Sie gesagt, die Bevölkerung will eigentlich unabhängige Instanzen haben, und die Generalpro­kuratur, der Weisungsbeirat – heißt es jetzt –, sei so etwas wie eine unabhängige Instanz. – Ja, wenn er die letzte wäre, aber es bleibt ja nach wie vor – verschiedene Kollegen haben es deutlich dargelegt – die Weisungskette in Ihrer Hand! Auf welcher Basis beurteilt denn jetzt der Weisungsbeirat Ermittlungsberichte beziehungsweise die Enderledigungsentwürfe? Auf welcher Basis? – Auf der Basis natürlich der Arbeiten Ihrer Abteilungen, und Ihre Abteilungen sind Ihnen unterstellt, und da können Sie sehr wohl mit Weisung arbeiten.

Also ganz kurz zusammengefasst: Faktum ist, es kommt eine neue Institution, hinter der Sie sich verstecken können. Sie können wie Pontius Pilatus Ihre Hände in Un­schuld waschen, Sie können ja sagen: Das alles entschied der Weisungsbeirat, ich bin völlig unabhängig, ich bin unschuldig! Auf der anderen Seite besteht nach wie vor die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen.

Und deswegen schlichtweg: Sie unterlagen dem Machbarkeitsdiktat, und die Mach­barkeitsdiktate werden vonseiten der Parteien ausgeübt. In diesem Fall wollte die ÖVP nicht das, was Sie sozusagen als Wissenschaftler sehr wohl anstrebten. Auf der ande­ren Seite ist natürlich klar, dass wir hier und jetzt eine Lösung haben, die eine Krücke ist, die teilweise schlechter ist, weil sie intransparent ist – und deswegen auf gut Wienerisch: Ich gebe Ihnen den Weisel für Ihren Weisungsrat! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak.)

21.10


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer. – Bitte.

 


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