Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 329

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21.10.01

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Bundesminister, nach Ihren Äußerungen, nach Ihren Ausführungen würde sich eigentlich jede Erläuterung dieses Gesetzesvorhabens erübrigen (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ); ich erläutere es aber trotzdem.

Die vorliegende Regierungsvorlage beinhaltet zum einen eine Reform der Berichts­pflicht der Staatsanwälte, des Weisungsrechts durch die gesetzliche Verankerung des Weisungsrates und stellt das bereits bestehende Hinweisgebersystem, das bis jetzt noch nicht erwähnt wurde, auf eine rechtliche Grundlage.

Bei mir entsteht der Eindruck, als wäre das Weisungsrecht des Justizministers irgend­wie ein Privileg im Justizbereich. Dem ist aber nicht so, sondern das ist in der gesam­ten Verwaltung verankert, vor allem auch für den Bereich der Justiz in der Bundes­verfassung. Es stimmt schon, dass in der Bundesverfassung die Staatsanwälte als Organe der Gerichtsbarkeit bezeichnet werden, aber es ist darin auch festgehalten, dass durch Bundesgesetz nähere Regelungen über die Bindungen, Weisungen getrof­fen werden können. Das heißt, auch das Weisungsrecht, die Weisungsbefugnis gegen­über Staatsanwälten ist in der Bundesverfassung geregelt. Schon aus diesem Grund sehe ich die geforderte Schaffung einer Bundesstaatsanwaltschaft sehr kritisch.

Das Weisungsrecht ist nämlich auch ein wesentlicher Bestandteil der Aufsicht der Obersten Organe des Bundes, die sich aus der Leitung der Verwaltung ergibt. Schon der Verfassungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass eine Leitung ohne Aufsichts­befugnis nicht denkbar ist. Die Ressortverantwortung kann vom Bundesminister also nur wahrgenommen werden, wenn er auch die dafür erforderlichen Aufsichtsmöglich­keiten besitzt.

Es ist ein Prinzip unserer Verfassung, dass das Volk die Kontrolle über die Obersten Organe des Staates, also über die Minister, über die gewählten Vertreter im Parlament ausüben kann. Ich denke nicht, dass es zweckdienlich wäre, die Verfassung gerade für den Bereich der Justiz dahin gehend abzuändern.

Meiner Meinung nach wäre deswegen auch die Schaffung einer Bundesstaats­anwalt­schaft ein falscher Ansatz, weil damit eine Parallelbehörde geschaffen wird, eine kom­plett neue Behörde mit erhöhtem Verwaltungsaufwand, und nach manchen Vor­schlägen würde diese auch völlig autonom außerhalb der bestehenden und etablierten Kontrollmechanismen operieren. Selbst wenn man diese Bundesstaatsanwaltschaft der Kontrolle des Parlaments unterstellt – wenn man nämlich das Ziel hat, betreffend diese Behörde jeden Anschein der politischen Beeinflussung auszuschließen –, muss man sich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, ob man überhaupt eine völlig unpo­litische Behörde in dieser Art und Weise schaffen kann.

Ich weiß schon, Äußerungen oder Meinungen aus Griechenland sind momentan eher kritisch zu betrachten, aber schon der antike Philosoph Platon hat den Menschen als naturgemäß politisches Wesen bezeichnet. Eine völlig apolitisch besetzte Behörde bleibt daher wohl eher ein Wunschtraum – und da ist mir die Lösung, wie wir sie jetzt treffen, auf jeden Fall lieber.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich gratuliere zu dem vorliegenden Entwurf! Er schafft ein Mehr an Transparenz, er schafft ein Mehr an Rechtssicherheit, und gleichzeitig bleibt die politische Verantwortlichkeit gegenüber den Österreicherinnen und Österreichern bestehen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Matznetter:  die FMA gleich abschaffen!)

21.13

 


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