Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung / Seite 277

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Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


22.02.24

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Innenministerin! Zurück zur Sache! Klar ist: Der Integrationsfonds soll dem BMI als weisungsgebundenes Organ zugeordnet werden. Da hat der Kollege Gerstl recht. (Zwischenrufe der Abg. Korun.) – Es wäre angenehm, wenn diese Bankgespräche wieder eingestellt würden.

Aber der wesentliche Punkt ist, was die Geschichte dahinter ist, und das sollten wir schon noch erzählen, und deswegen war die Werbeeinschaltung für den Integrations­minister Kurz zwar ganz spannend, aber die Geschichte dahinter ist schon etwas – na ja, ich sage es einmal so – beschämend. Man hätte nämlich schon viel früher wissen können, dass der Integrationsfonds eine Weisungsgebundenheit dem Innenministerium gegenüber haben muss, man hätte nur entsprechend nachlesen müssen, zum Beispiel in einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 15. Dezember 2004 – das ist elf Jahre her –, wo es heißt:

„Artikel 20 B-VG wirkt gegenüber ausgegliederten Rechtsträgern nicht unmittelbar, sondern ,verpflichtet den Gesetzgeber, Rechtsvorschriften zu erlassen,  und dabei insbesondere ein umfassendes Weisungsrecht einzurichten‘.“

Das ist nicht erfolgt! Man hätte nur in entsprechenden Lehrbüchern nachlesen müssen, die das auch klar regeln – beispielsweise Grabenwarter/Holoubek: „Verfassungs­recht“ –, dass insbesondere ein Beleihungsgesetz gemacht werden muss bei der Beleihung, wo klar festgelegt ist, dass es ein entsprechendes Weisungsrecht der Ministerin gibt.

Auch das ist nicht erfolgt. Und man hat trotzdem das NAG 2005 und die Zertifizierung von Integrationskursen gemacht, die ja für die Integrationsvereinbarung, die ja ganz klar ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist, notwendig sind, wobei die Integrationskurse und die Zertifizierungen demzufolge ganz klar hoheitliches Handeln darstellen. Man hat das gemacht, hat aber keinen Weisungszusammenhang festgelegt. Das war im Jahr 2005.

Der Verfassungsgerichtshof hat das dann im Jahre 2012 aufgehoben. Deswegen beschließen wir das heute hier. Man hat dazwischen das Gesetz kurz einmal novelliert und hat das wieder nicht eingebaut, obwohl seit dem Jahr 2004 klar war, dass so ein Weisungszusammenhang gegeben sein muss, weil er verfassungsrechtlich geboten ist. Man hat es aber nicht gemacht.

Das Ganze spiegelt ganz einfach nur wieder, wie die Regierungsparteien und insbe­sondere die Bundesregierung mit unserer Verfassung umgehen: dass sie sie halt nie wirklich ernst nehmen und offensichtlich die Realität, dass im Stufenbau der Rechts­ordnung die Verfassung ganz oben steht und sich einfache Gesetze an der Verfassung orientieren und den Vorgaben auch entsprechen müssen, halt nie wirklich ernst genommen wird und man die Verfassung immer ein bisschen stiefmütterlich behandelt.

Da fällt mir zum Abschluss ein großartiges Zitat von Professor Mayer ein, dem ehe­maligen Dekan des Juridicums in Wien, der ja mittlerweile Leiter einer der Menschen­rechtskommissionen bei der Volksanwaltschaft ist. Er hat auf die Frage, die „Die Presse“ ihm gestellt hat: „Warum haben Politiker so wenig Respekt vor der Verfas­sung?“ geantwortet:

 


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