Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 75

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radikalen Linken eingeordnet. Vor 30, 40 Jahren war das noch das Standard-Reper­toire sozialdemokratischer Politik in den skandinavischen Staaten, von Dänemark bis zu Schweden. Warum wir zu dem heute nicht mehr zurückkehren, verstehe ich wirklich nicht.

Wie kann ein Kurswechsel gelingen? Und ein Kurswechsel, da bin ich mir ganz sicher, muss gelingen. Er kann nicht gelingen, wenn wir den technokratischen Eliten in Eu­ropa dieses Projekt weiter überlassen! (Beifall bei den Grünen.)

Was notwendig ist, ist eine politische Entscheidung. Nicht der ECOFIN-Rat mit Tech­nokraten à la Dijsselbloem soll das entscheiden! Nein! Der Europäische Rat soll am Sonntag eine Entscheidung darüber treffen, wie es in Griechenland weitergeht, wie es in Europa in der Zukunft weitergeht.

Zweitens wird es notwendig sein, die gegenseitigen Schuldzuweisungen ad acta zu legen. Es wird daher notwendig sein, dass die Staaten viel stärker aufeinander zuge­hen und sich nicht mehr gegenseitig Verschiedenstes an den Kopf werfen. Und ja, Griechenland muss ein tragfähiges Zukunftsprogramm entwerfen. Das steht außer Fra­ge! Aber es muss auch ein humanitäres Programm geben, das jenes Desaster be­seitigt, das die Politik der letzten Jahre, die europäische Politik der letzten Jahre ange­richtet hat. Das braucht es.

Und die Eurozone muss endlich erkennen, dass dieser Kürzungskurs, die Spardiktate des Austeritätskurses gescheitert sind. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was es braucht, ist ein sozial-ökologisches Wachstumsmodell zum Nutzen aller in Eu­ropa, vom Süden bis zum Norden. Es geht um uns alle! Es geht um dich, um mich, es geht um die Griechen, es geht um die Leute und Menschen in den baltischen Staaten und dergleichen mehr. Und dafür muss sich der Herr Bundeskanzler beim kommenden Rat am Sonntag einsetzen. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel. Gelingt das nicht, droht die Eurozone auseinanderzubrechen – mit hohen Kosten. Die Eurozone könnte nur allzu leicht – das sollte man sich schon vor Augen halten – am Misthaufen der Ge­schichte landen. Und mit ihr der Wohlfahrtsstaat europäischen Zuschnitts. Das ist das Letzte, was wir brauchen könnten. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.27


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


12.27.30

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Her­ren der Bundesregierung! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Damen sind keine da!) Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Zeitungen haben die griechische Tragödie vom letzten Sonntag mit der Schlagzeile „Des Griechen Wille ist sein Himmelreich“ betitelt. In Wahrheit ist es ein Himmelfahrtskommando für die griechische Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP.)

Während die Länder, die in Not geraten sind, Reformprozesse eingeleitet haben, hat sich Griechenland diesen verweigert, obwohl die Troika auch sehr vernünftige Vor­schläge gemacht hat. Das Reformpotenzial ist grenzenlos. Und es gibt nicht nur die großen Themen, es gab auch kleine, kurzfristige Maßnahmen zur Belebung der Wirt­schaft.

Griechenland hat eine sehr restriktive Wirtschaftsstruktur, in vielen Bereichen, in vielen Branchen mit limitierten Konzessionen. Und es ist oft einfacher, Konzessionen zu ver­kaufen, als selber ein Geschäft zu führen. Der Industriesektor ist kaum vorhanden, ob­wohl ganz Europa längst auf Reindustrialisierung setzt, es gibt eine hohe Import- und


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