Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll88. Sitzung / Seite 72

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ben zu können. Unsere Experten sind in engem Kontakt mit den griechischen Finanz-experten, um sie zu lehren, wie bei uns Finanzamtsarbeit funktioniert, wie wir Steuern einheben, wie wir Betriebsprüfungen durchführen, damit auch dort der eigene Steuer­topf wieder gefüllt wird.“ – Vor fünf Jahren haben wir dieses Zitat gehört. Wo sind die Beamten in Griechenland, die das jetzt machen? – Nichts ist geschehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Oder: „Die Griechen bekommen von den europäischen Staaten nur so lange Geld, solange sie sich an diese Reformauflagen streng halten und solange sie diese Refor­men auch durchziehen.“ – Nichts, absolut nichts!

So zieht sich das durch ein Zitat nach dem anderen.

Ich habe, wie gesagt, dieses Déjà-vu gehabt, und ich muss ganz offen und ehrlich sagen: Nein, es ist genug! Unsere Steuerzahler haben genug! Die Bevölkerung ist – wenn Sie sich die Umfragen anschauen – den Regierungen schon längst voraus. Sie hat erkannt, dass dies ein falscher Weg ist. Die Griechen – und das ist die Folge dieser Politik – verarmen immer mehr. Es geht ja nicht um Griechenland, sondern es geht letztendlich nur darum, dass die Banken gerettet werden.

Was Sie jetzt betreiben, ist nichts anderes als Konkursverschleppung. Sie stecken Geld in ein Fass ohne Boden. Die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der Bevölkerung zumutbar! Ich sage: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende! (Beifall bei der FPÖ.)

12.32


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


12.32.19

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ein bisschen verblüfft bin ich jetzt schon nach so manchen Debattenbeiträgen. Wir sind hier weder im griechischen Parlament noch im Deutschen Bundestag. Manche erwecken den Eindruck, als ob sie bei den Verhand­lungen direkt dabei gewesen wären. Ich finde es aber gut, dass wir diese Grund­satzdiskussion führen, weil diese Debatte weit über unsere Grenzen hinaus eine kontro-versielle über den weiteren Weg der Wirtschaftspolitik, der Sozialpolitik, auch der Demokratieentwicklung in Europa ist. Das hat sich am Beispiel Griechenlands verdeutlicht und wird sicherlich in einer bestimmten Weise seine Fortsetzung finden.

Varoufakis ist kein guter Spieltheoretiker gewesen, denn in der Situation, in der sich Griechenland befunden hat, zu glauben, man kann eine Umorientierung der gesamten Wirtschafts- und Sozialpolitik herbeiführen, ist natürlich ein Irrtum. Dazu braucht es ganz andere Länder, vielleicht Italien, vielleicht Spanien, vielleicht irgendwann einmal sogar Deutschland. Das ist jedenfalls einer der ganz wesentlichen Punkte, weswegen auch die Kritik an Varoufakis durchaus berechtigt immer wieder eingebracht wurde.

Wir sind hier im österreichischen Parlament, es geht um die österreichische Regierung, Kollege Schelling ist der österreichische Finanzminister und Werner Faymann ist der österreichische Bundeskanzler. (Abg. Strache: Und es sind österreichische Steuer­gelder!) Es mag interessant sein, was Finanzminister Schäuble manchmal so von sich gibt, aber das ist der deutsche Finanzminister, und ich gehe selbstverständlich davon aus, dass der österreichische Finanzminister zuerst mit dem österreichischen Bundes­kanzler spricht, bevor er mit dem deutschen Finanzminister spricht. Etwas anderes wäre ja gar nicht möglich, und so wird es auch sicher gewesen sein. (Abg. Strache: Aber hört er auf die österreichischen Steuerzahler?) Also jedenfalls haben wir öster-reichische Interessen und wir haben die österreichischen Steuerzahler zu vertreten. (Abg. Strache: Die österreichischen Steuerzahler werden nicht gehört!) – Herr Klubob-


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