Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll89. Sitzung / Seite 154

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16.52.43

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Rossmann, dennoch ha­ben die Grünen in Deutschland diesem Memorandum of Understanding zugestimmt. Das ist dann schon sehr interessant, wie weit da Ihre Meinungen auseinandergehen.

Ich bin bei Ihnen: Man kann wohl kaum sagen, dass alles, was bis jetzt im Rahmen der Griechenland-Verhandlungen geschehen ist, reibungslos und glatt gelaufen ist. Und man kann auch wahrlich nicht behaupten, dass die bisherigen Rettungsprogramme den Er­folg gebracht haben, den wir uns so sehr gewünscht hätten. (Abg. Rossmann: Wir hät­ten auch Hartz IV nicht beschlossen, Frau Kollegin!)

Man fragt sich natürlich auch, woran das gelegen ist, und kommt klar zu dem Schluss – da bin ich auch bei Ihnen –, dass es nur bedingt an den handelnden Personen in Grie­chenland lag, sondern vor allem an der falschen Politik der Troika. Man darf nicht ver­gessen, dass die griechischen Regierungen die letzten fünf Jahre keineswegs in allei­niger Verantwortung regiert haben. Für die Politik in Griechenland war maßgeblich eben auch diese Troika verantwortlich und somit auch für die Maßnahmen, die in Griechen­land nicht funktioniert haben.

Aus diesen Fehlern müssen wir lernen und der Troika beziehungsweise den Institu­tionen, wie sie jetzt genannt werden, in Zukunft viel genauer auf die Finger schauen. Die europäischen Sozialdemokraten werden das auch tun. Das Europäische Parlament hat bereits Vorschläge dafür erarbeitet, die demokratische Kontrolle der Troika auszu­bauen und die Arbeit transparenter zu machen. Kontrolle und Mitsprache sind wichtige Punkte. Kontrolle und Mitsprache geben sowohl den GriechInnen als auch den Öster­reicherInnen die Sicherheit, dass die Hilfsgelder sinnvoll eingesetzt werden.

Es ist also wichtig, die Zusammenarbeit neu zu definieren. Was wir brauchen, ist eine Zusammenarbeit, die eine echte Unterstützung darstellt. Wir erwarten von den EU-Ins­titutionen, dass sie vor Ort Schwachstellen erkennen und mit Expertise aushelfen so­wie an konkreten Lösungen arbeiten. So sollen zum Beispiel ExpertInnen aus ganz Eu­ropa beim Aufbau effektiver Steuerbehörden, im Bereich des Justizwesens, aber auch beim Aufbau eines funktionierenden Sozialsystems und eines Gesundheitswesens helfen.

Was wir deutlich gesehen haben, ist, dass die reine Konzentration auf Einsparungen zu keinem Ergebnis führt. Das ist mittlerweile bekannt. Man kann sich nicht aus einer Krise heraussparen, man kann nur aus einer Krise herauswachsen. Dabei muss man aber stets die soziale Lage und die Beschäftigung im Zentrum der Überlegungen ha­ben, denn sonst gibt es kein Herauswachsen. (Zwischenruf des Abg. Rossmann.)

Zu diesem Schluss kommt auch das Europaparlament bei seiner Analyse der Troika-Politik. Da heißt es: „Die Wirtschaftspolitik muss der Beschäftigung dienen.“ Und es heißt weiter: „Die EU müsse … in langfristiges, umweltfreundliches und nachhaltiges Wachs­tum investieren“. – Der Berichterstatter war übrigens Othmar Karas, ÖVP-EU-Abgeord­neter.

Eine der Säulen der Reformagenda, das haben wir heute schon gehört, betrifft Wachs­tum, Wettbewerb und Investitionsmaßnahmen. Gleichzeitig müssen aber auch in Grie­chenland selbst Anstrengungen unternommen werden, damit die Maßnahmen der Re­formagenda greifen können.

Wie wir aber zu einem Wachstumspfad zurückkehren und sichere Arbeitsplätze schaf­fen, ist nicht nur eine Frage, die wir in Griechenland klären müssen, sondern das ist ja die große Frage in ganz Europa. Wir sehen, es ist noch ein langer Weg, die konser­vativen Kräfte in der EU davon zu überzeugen, dass diese einseitige Sparpolitik nicht zum Erfolg führt. Aber es gibt Bewegungen. Es gibt Bewegungen im Europäischen Rat. Bundeskanzler Faymann hat gemeinsam mit Frankreich und Italien schon wichtige Im­pulse in diese Richtung gesetzt.

 


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