Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 68

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bräuchte, damit der Weg zu Chancengerechtigkeit im österreichischen Bildungssystem tatsächlich beschritten werden kann.

Die soziale Selektion im Bildungssystem in Österreich beginnt schon in der Elemen­tarpädagogik mit folgenden Fragen: Bekomme ich einen Kindergartenplatz? Wie viel kostet der? Kann ich mir den leisten? Kann ich mir den nicht leisten? – Da fängt es schon an. Es geht weiter in der Volksschule, wo Elmar Mayer die großen Entwicklungs­unterschiede dankenswerterweise angesprochen hat. Es geht weiter mit der absolut absurden Trennung der Zehnjährigen in Hauptschule, inzwischen Neue Mittelschule, und Gymnasium. Und diese Entscheidung setzt sich den ganzen restlichen Bildungs­weg fort. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja, es fängt in der Volksschule an!)

Zu Kindern, die in der Hauptschule waren, kann ich mein eigenes Beispiel bringen. Ich komme aus dem Stubaital. Das ist jetzt nicht gerade eine Metropole. Dort gibt es zwei Hauptschulen. Ich war in der Hauptschule. Aus meiner Klasse haben noch drei weitere die Matura gemacht, alle anderen haben eine Lehre oder vielleicht noch eine weiterbil­dende Schule gemacht. Und es ist nicht daran gelegen, dass die in irgendeiner Weise dümmer oder weniger interessiert waren, sondern einzig und allein an ihrem sozialen Status. Der soziale Status definiert in Österreich nach wie vor, ob jemand Zugang zu Bildung bekommt oder nicht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neubauer: Blödsinn!)

Es gilt nach wie vor: Sag mir, wer deine Eltern sind, und ich sage dir, wie weit du kommen kannst! Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand aus einer AHS-Unterstufe spä­ter ein Studium beginnt, ist dreimal höher als bei einer Hauptschule. Und es wird sich bei der Neuen Mittelschule ähnlich abspielen, denn die Neue Mittelschule hält diese Trennung weiterhin aufrecht, und sie wird keine großen Änderungen bringen – auch wenn die SPÖ versucht, uns das zu verkaufen.

Es zieht sich weiter: Also ich habe eben Hauptschule gemacht, dann die HBLA – ty­pisch, denn ich musste ja einen Beruf erlernen oder eine berufsbildende Ausbildung machen, damit ich so schnell wie möglich Geld verdienen kann. Eigentlich, wenn man sich die Statistiken anschaut, wäre der weitere Weg, sollte ich noch weiter kommen, die Fachhochschule gewesen, denn die Uni ist auch in erster Linie eher den AHS-Ab­solventInnen vorbehalten.

Wir müssen mit dieser sozialen Vorschreibung im Bildungssystem endlich brechen! Wir können auch gerne sagen, es ist eine innovative Lösung. Es ist etwas, was uns andere Länder seit vielen, vielen Jahren vormachen. Es ist etwas, was funktioniert. (Abg. Bela­kowitsch-Jenewein: Das funktioniert überhaupt nicht!) Es kann nicht sein, dass die Möglichkeiten den Bildungsweg betreffend davon abhängen, welchen Bildungsabschluss die Eltern haben, wie viel Geld sie zur Verfügung haben und woher sie kommen. Damit müssen wir endlich brechen! Es gibt die Antworten. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Über genau das … Sie in Ihrer Gesamtschule!)

Die ÖVP plakatiert in Wien das sichere Gymnasium. – Ich frage mich, was das ist. Steht da ein Wachmann davor und sichert ab, dass da niemand Fremder hineinkommt, der ungewollt ist? (Abg. Neubauer: Ist das alles dämlich! Das ist ja nicht zum Anhö­ren!) Die Betoniererei, die die ÖVP da seit vielen, vielen Jahren betreibt und jetzt auch wieder verstärkt, auch die muss gebrochen werden!

Es wäre ja ein total innovativer Schritt, wenn wir endlich mit der sozialen Selektion in Österreich brechen würden. Das würde mir schon einmal als erster Schritt reichen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Klubobmann Dr. Strolz. – Bitte. (Abg. Rasinger: Jetzt kommen die Flügerl!)

 


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