Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll98. Sitzung / Seite 16

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lust. Und damit es nicht so arg klingt, hat man den Begriff oder den Schmäh – nicht nur in Österreich, sondern EU-weit – des „strukturellen Defizits“ erfunden. Da schaut man sich dann die Kosten insgesamt gar nicht mehr so genau an, sondern nur noch die, die man selbst beeinflussen kann. Zusätzliche und Sonderkosten, wie zum Beispiel für die Flüchtlinge oder für völlig unnötig verstaatlichte Pleitebanken oder für sonst Unvorher­gesehenes werden herausgerechnet, und dann hat man ein strukturelles Defizit von nur noch 0,5 Prozent. Und weil das ohnehin so niedrig ist, sagt man gleich: Ah, das ist ein Nulldefizit, und das ist ganz toll! Nicht nur in Österreich, sondern EU-weit macht man das, aber man vergisst dabei halt, dass der Schuldenstand auf 85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen ist, das verdrängt man. Ja, so kann man sich auch in die eigene Tasche lügen. (Beifall bei der FPÖ.)

So, wie wir es seit Jahren gewöhnt sind, ist das Budget wenig ambitioniert. Das liegt weniger am Finanzminister als Person, sondern vielmehr an der Regierung insgesamt, denn seit Jahren konstatieren wir konsequente Reformverweigerung, die jegliche nach­haltige Budgetkonsolidierung unmöglich macht. Verwaltungs- und Strukturreform – wir warten seit Jahren darauf, nichts passiert. Ausholzen des überbordenden Förderdschun­gels – wir warten seit Jahren darauf, nichts passiert. Zusammenführung der Einnah­men- und Ausgabenkompetenz – wir warten seit Jahren darauf, nichts passiert.

Herr Finanzminister, Sie haben gestern gesagt, „dass jeder Tag ohne Reform ein verlo­rener Tag ist“. – Das ist eine richtige Aussage. Sie haben auch gesagt, dass Sie ges­tern 408 Tage im Amt gewesen sind; dann sind es heute 409 Tage. Daher kann ich Ihnen jetzt vorrechnen: Wenn man den einen Tag, an dem Sie die Tarifreform, von der man sagen kann, das war in Ordnung, beschlossen haben, abzieht, dann waren das jetzt 408 verlorene Tage für Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber immerhin: 1,1 Milliarden € sollen ja durch ausgabenseitige Maßnahmen – wir ha­ben sie bisher vergeblich gesucht – gegenfinanziert werden. Da bin ich hellhörig ge­worden. Sollte unsere Regierung endlich einmal wirklich ernsthaft daran gehen, die Ver­waltung zu reformieren, kostengünstiger zu gestalten, eventuell gar die Förderungen zu kürzen? Sollte sich die SPÖ da wirklich endlich einmal bewegen, wo doch auch der Herr Finanzminister gestern mehrmals gesagt hat, dass wir kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem haben?

Schauen wir uns an, was der Budgetdienst des Parlaments dazu sagt. Es heißt: „Ins­besondere hinsichtlich der Einsparungen für die Bereiche Verwaltung und Förderungen fehlen (...) nähere Details.“ – Also wieder nichts.

Und im Budgetbericht – das ist der Budgetbericht (ein Exemplar in die Höhe haltend) – steht überhaupt nur, dass eine unabhängige Monitoring-Stelle eingerichtet werden soll, die über mögliche Verwaltungsreformvorschläge berichten soll.

Herr Finanzminister, Sie haben zwar die richtige Diagnose, nämlich wir haben ein Aus­gabenproblem, aber Sie haben ganz offensichtlich den falschen Partner, die SPÖ, denn da geht schon lange nichts mehr weiter! (Beifall bei der FPÖ.)

Auf einen wichtigen Punkt möchte ich noch ganz kurz eingehen, die sogenannte kalte Progression, also die inflationsbedingte schleichende Steuererhöhung. Es ist diese heim­liche Steuererhöhung, mit der sich die Steuerzahler in den letzten Jahren die Steuer­reform selbst vorfinanziert haben, und es ist auch diese heimliche Steuererhöhung, die den Effekt der Steuerreform bis 2018 wieder zunichtegemacht haben wird.

Noch im August hat der Herr Finanzminister gemeint, er wolle die kalte Progression bis zum Jahr 2017 endgültig abschaffen. Das wäre ja auch eine wirklich gute Nachricht für den geplagten Steuerzahler gewesen, das wäre eine echte Reform gewesen; weil ja von Reform so viel die Rede ist, Herr Klubobmann Lopatka.

 


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