Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll100. Sitzung / Seite 239

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

21.13.50

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich will auf die Argumente, die einige meiner Kollegen vor mir gebracht haben, einge­hen.

Zunächst finde ich es vollkommen unangebracht, dass wir politische Auseinanderset­zungen auf dem Strafrechtsweg führen. (Ruf bei der ÖVP: Das geht nicht!) In einer Si­tuation, in der die Bevölkerung ohnehin schon auseinanderdividiert wird, noch Öl ins Feuer zu gießen, halte ich für eine Vorgangsweise, die gesellschaftspolitisch unredlich und schäbig ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Eine Auseinandersetzung führt man poli­tisch hier und nicht vor Strafgerichten. Man bindet die Bevölkerung nicht noch mit ein und dividiert die Bevölkerung auseinander. Das ist ein schlechtes Beispiel, und das ist schäbig.

Die zweite Geschichte betrifft die strafrechtliche Relevanz: Ein gerechtfertigter Not­stand ist dann gegeben, wenn ein höherwertiges Rechtsgut auf Kosten eines geringe­ren Rechtsgutes Vorrang erhält. (Ruf bei der FPÖ: ... Rechtsgut der illegalen Einwan­derer!) Was heißt das für die, die immer schnell mit strafrechtlichen Forderungen an der Hand sind? – Das heißt, dass wir auf der einen Seite das Rechtsgut des Lebens haben. (Abg. Stefan: Kontrolle tötet nicht!) Auf der anderen Seite stehen die Fragen: Wie bremsen Sie 10 000 Leute an einer Grenze ein (Abg. Strache: Kontrolle tötet doch nicht!), wenn sie zur Grenze drängen und nur 50 oder 100 Polizisten dort stehen? Auch wenn dort 1 000 Polizisten stehen – wie wollen Sie sie bremsen? (Zwischenruf der Abg. Schimanek.) Wie ist die Verhältnismäßigkeit Ihres Mittels? Wie wäre die Verhält­nismäßigkeit Ihres Mittels, das zum Einsatz kommen müsste, um diese Menge zu be­wältigen? Das würde zwangsläufig nur mit Waffengewalt gehen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich halte es für wirklich verwerflich, die formalen Voraussetzungen des Fremdenpolizei­gesetzes ... (Zwischenrufe der Abgeordneten Schimanek und Walter Rosenkranz.) Schlepperei steht gar nicht zur Diskussion. Herr Kollege! Die Lächerlichkeit der Argu­mentation ist ja unüberbietbar. Schlepperei setzt ja Entgeltlichkeit voraus. Sagen Sie mir, wann der Bundeskanzler oder die Innenministerin Geld dafür bekommen haben! (Rufe bei der FPÖ: Die ÖBB!) Es ist ja unfassbar, wie naiv und schwachsinnig Sie argumen­tieren! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.)

Wo ist denn die Entgeltlichkeit? Ich hoffe nur, dass die Strafverteidiger Österreichs Ihre Aufforderung bekommen. Dann werden Sie die Rechnung bekommen, die werden sich mit Ihnen auseinandersetzen. Das ist lächerlich, Herr Kollege! Wo ist denn die Entgelt­lichkeit gegeben? (Ruf bei der FPÖ: Das ist Ihre Ausführung!)

Die nächste Geschichte ist: Auf der einen Seite steht eine fremdenpolizeiliche Verwal­tungsübertretung, auf der anderen Seite würde die Maßnahme heißen: Waffeneinsatz. Da ist doch die Abwägung des Rechtsgutes ... (Abg. Walter Rosenkranz: Nein, das stimmt nicht! – Abg. Neubauer: Das ist Ihre Auffassung! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wenn man wie ein Teil dieses Hauses Öl ins Feuer gießen will, dann ist die Abwägung des Rechtsgutes für Sie kein Problem. Aber für jeden normal denkenden Menschen würde die Abwägung – hier Leben, dort Waffeneinsatz – ganz klar ausgehen. (Abg. Strache: Wo haben die Ungarn geschossen? Bei der Kontrolle?) Ich bin froh, dass ich einer Partei angehöre, die sich für die Menschlichkeit und für die humanitäre Hilfe ent­schieden hat. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Ich halte es für wirklich verwerflich, was Sie hier machen. Sie stellen etwas in den Raum, das nur mit Einsatz von Waffengewalt bewältigbar wäre. Sie wissen das, und Sie können nicht verleugnen, dass Sie das damit meinen. (Abg. Belakowitsch-Jene­wein: Warum mit Waffengewalt? – Zwischenruf des Abg. Darmann.) Sie behaupten


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite