Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll102. Sitzung / Seite 35

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Meine Damen und Herren! Das ist eine Sackgasse für die bäuerliche Landwirtschaft, und das ist die Herausforderung!

Herr Bundesminister, ich gebe Ihnen in einem völlig recht, nämlich: Sie schreiben im Vorwort dieses Grünen Berichts: „Der Grüne Bericht 2015 hilft uns, die größten He­rausforderungen (…) zu identifizieren.“

Jawohl, da besteht Konsens! Tatsächlich: Der Grüne Bericht liefert die Voraussetzun­gen, um diese Analyse sauber und korrekt durchzuführen! Die Frage, die sich dann stellt, ist: Welche politischen Konsequenzen sind wir zu ziehen bereit, welche Auswer­tung dieser Analyse können wir vornehmen und welche Schlussfolgerungen daran knüp­fen?

Meine Damen und Herren, die Landwirtschaft ist einfach ein großes Arbeitskräftepoten­zial, ein Arbeitsmarktpotenzial, das ist Arbeitsmarkt im weiteren Sinne. Es sind auch Green Jobs, Zukunftsarbeitsplätze in diesem Bereich, von der erneuerbaren Energie bis hin zur hochwertigen Qualitätsproduktion, ob das in kleinen Biohofkäsereien ist, ob das in genossenschaftlichen Zusammenschlüssen ist, ob das in Erzeuger-Verbrau­cher-Initiativen ist, ob das auf Bauernmärkten passiert oder ob das in der Zusammen­arbeit mit den Tourismusbetrieben passiert – jawohl, enorm viel Potenzial und tatsäch­lich Green Jobs!

Wie sehen wir dann das, Herr Bundesminister: 166 000 Betriebe haben wir derzeit, da­von etwa 44 Prozent Bergbauernbetriebe – also sowieso Betriebe in Erschwernislage –, und in den letzten zehn Jahren haben wir eine Abnahme von 24 000 Betrieben. Ich weiß, Sie sagen: Das ist ja weniger als woanders! – Jawohl, aber solange wir diese Logik weiterverfolgen, geht es einfach weiter in den Betriebsabbau, in die Aufgabe der Landwirtschaft – und das kann kein Ziel der Agrarpolitik sein, Kollege Auer! Das ist die Herausforderung! Wo geht es denn weiter? In wie vielen Jahren, wenn wir das fort­schreiben, sind wir dann am Ende der Fahnenstange angelangt? Das ist die Frage, die sich für die Bäuerinnen und Bauern jetzt schon stellt: Wie soll ich, wenn ich weiter wachse, den Betrieb als Familienbetrieb bewirtschaften? Es ist einfach nicht mehr mög­lich, ich kann das gar nicht erarbeiten!

Korrekt ist, dass das Einkommen laufend sinkt; Kollege Auer hat darauf hingewiesen. Jetzt schauen wir uns die konkreten durchschnittlichen Zahlen einmal an! Land- und forstwirtschaftliche Einkünfte betrugen im Durchschnitt in Österreich 23 370 €. – Gut. Schauen wir uns an, was in diesen Einkünften enthalten ist. – Die öffentlichen Gelder! Durchschnittlich erhält ein Betrieb 17 000 €. Herr Kollege Auer hat es ja zu Recht gesagt: Ohne die öffentlichen Gelder ist die Landwirtschaft nicht führbar! Anteil der öf­fentlichen Gelder: 72 Prozent, nämlich 17 006 €. Wenn man das nun abzieht und sagt, man schaut sich einmal die Landwirtschaft an, wie das ohne öffentliche Gelder ist, wie rentabel sie ist, dann kommt man auf ein Ergebnis, auf ein durchschnittliches landwirt­schaftliches Ergebnis von 6 364 €. 6 000 € im Durchschnitt aller 166 000 Landwirtschafts­betriebe in Österreich! – Hm!

Und jetzt kommt die Überraschung: Die Sozialversicherungsbeiträge und die Einkom­mensteuer sind davon noch nicht abgezogen. Wenn wir diese hernehmen – durch­schnittlich 14 Prozent, wir können den Betrag von Seite 121 heranziehen – und 3 648 € abziehen, dann kommen wir ohne öffentliche Förderung auf ein durchschnittliches Ein­kommen von 2 716 € in Österreichs Landwirtschaft.

Diese Zahl, meine Damen und Herren, muss man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen, wenn man über die öffentlichen Gelder im agrarischen Bereich und über die Zielgenauigkeit dieser Agrarpolitik diskutiert!

Das ist ein Durchschnittswert. Jetzt können Sie sagen: Ja, das kann es ja nicht sein! – Richtig, es gibt natürlich Betriebe, die tatsächlich noch Geld in der Landwirtschaft ver-


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