Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 67

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10.59.06

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Bürger und Bürgerinnen auf der Besucherga­lerie und vor den Bildschirmen zu Hause! Wir haben es jetzt gerade wieder gehört, der Kollege Wöginger hat es auch angesprochen: Wir haben offensichtlich das dritte struk­turell ausgeglichene Budget hintereinander. Dann ist ja die Welt in Ordnung und dann könnten wir alle nach Hause gehen. Wunderbar, wenn es tatsächlich so wäre.

Die Wahrheit schaut aber anders aus. Das strukturelle Defizit war ja einmal eine gute Idee, nämlich die gute Idee, dass man bei der Budgeterstellung Konjunktureffekte he­rausrechnet und sich die Struktur eines Budgets einmal anschaut, also den Kern, näm­lich, ob der gut ist oder ob man da in den roten Zahlen ist.

Und wie kommt man heutzutage, auch beim Budget 2016, auf ein ausgeglichenes Bud­get? – Na, indem man die erste Toleranzgrenze in Anspruch nimmt, indem man die zweite Toleranzgrenze in Anspruch nimmt und indem man die Banken, nämlich allen voran die Hypo Alpe-Adria, herausrechnet, weil es eben ein unvorhergesehenes und ein­maliges Ereignis ist, wie wir hören. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Na ja, ob es unvorhergesehen ist, das ist die große Frage. – Die OeNB-Berichte zurück bis ins Jahr 2001 sagen etwas ganz anderes: Das war nicht unvorhergesehen. Und ist das tatsächlich ein einmaliges Ereignis? – Ist es ein einmaliges Ereignis, in das wir seit 2008 Milliarden hineinzahlen?

Was ist noch herausgerechnet worden? – Die Flüchtlingskosten sind herausgerechnet worden. Auch das wäre unvorhergesehen und ein einmaliges Ereignis gewesen. – Na ja, wenn man sich die Flüchtlingslager im Nahen Osten angeschaut hat, seit Jahren schon, dann war das auch nicht ganz so unvorhergesehen. Und wer sagt denn, dass das ein einmaliges Ereignis ist? Wer sagt denn, dass uns das nur heuer und nächstes Jahr betrifft? Wer sagt denn, dass uns das nicht die nächsten zehn Jahre betrifft? (Bun­desminister Schelling: … die Steigerungsrate …!)

Aber so kann man sich eben die Wahrheit schönrechnen, denn die Wahrheit ist eine andere. Die Wahrheit ist nämlich nicht ein ausgeglichenes Budget, die Wahrheit ist, dass schon alleine beim Finanzierungshaushalt, also der Kassa, wo das Geld Cash hi­nein- und hinausgeht, 5 Milliarden € fehlen. Das ist auch die Zahl, die medial kolportiert wird: Wir hätten nächstes Jahr ein Defizit von 5 Milliarden €.

Aber nicht einmal das ist die Wahrheit, denn die Wahrheit findet sich im sogenannten Ergebnishaushalt wieder, dort, wo die wirklichen Erträge und Aufwendungen drinste­hen. Das ist nämlich der Vorteil des neuen Haushaltsrechtes seit 2013: dass wir da, zu­mindest auf Bundesebene, endlich Transparenz haben. Und diese Transparenz gibt kein schönes Bild ab: Dort ist nämlich nicht von 5 Milliarden Defizit die Rede, sondern von 9,8 Milliarden. Also wir machen nächstes Jahr auch wieder knappe 10 Milliarden € Defizit.

Und dann frage ich mich, wenn ich die ganzen Austeritätsapostel höre oder diejenigen, die immer sagen, das Beste, das man jetzt noch machen könnte, ist, dass der Staat einfach seine Staatsausgaben ankurbelt und noch mehr Milliarden ausgibt und noch mehr Milliarden auf jedes Problem wirft, dann also frage ich mich, wo denn diese Aus­teritätspolitik ist. Wo ist sie denn, wenn wir auch nächstes Jahr wieder 10 Milliarden € mehr ausgeben, als wir einnehmen, und wieder 10 Milliarden € mehr in den Schulden­rucksack hineingeben? – Tatsache ist, das ist keine Austeritätspolitik. Tatsache ist, das ist eine Fortsetzung der bekannten Schuldenpolitik: eine Schuldenpolitik, die wir seit zwei Generationen sehen, eine Schuldenpolitik, bei der unsere Großeltern die Letzten waren, die ein ausgeglichenes Budget gesehen haben. Ich frage mich, wann das wie­der eintreten wird, welche Generation in der Zukunft endlich wieder einmal ein ausge­glichenes Budget sehen wird.

 


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