Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll104. Sitzung / Seite 504

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Meine Damen und Herren! Ich denke, es ist ein zentraler Punkt, dass wir auch ein Sig­nal an diese jungen Menschen senden und sagen: Wir lassen euch nicht allein in den Betrieben, sondern wir schauen darauf, dass ihr eine gute Ausbildung bekommt!

Unter 18 Jahren Überstunden zu machen, ist eigentlich verboten, aber trotzdem müs­sen 36 Prozent der Lehrlinge regelmäßig Überstunden machen. Das kann nicht sein! Und ich frage Sie jetzt ganz einfach: Stellen Sie sich vor, Ihr Sohn/Ihre Tochter, 16, 17 Jah­re alt, geht in eine höhere berufsbildende Schule. Er oder sie hat ohnehin 38 Stunden Unterricht in der Woche, und dann kommt auf einmal der Mathematikprofessor darauf, dass anstatt vier Stunden in der Woche, sechs Stunden Mathematik gescheit wären, und zwei Stunden zusätzlich in Deutsch und zwei Stunden zusätzlich vielleicht auch noch in Englisch.

Dann sind wir plötzlich nicht mehr bei 38 Stunden, sondern bei 44 Stunden in der Wo­che, die der Sechzehnjährige in der Schule Unterricht haben muss. Würden Sie das ein­fach so passieren lassen, ohne dass irgendjemand etwas dazu sagt? Oder stellen Sie sich vor, der Mathematikprofessor würde sich entscheiden, dass er jetzt nicht mehr Ma­thematik unterrichtet, sondern dass jede Woche in der Mathematikstunde der Turnsaal geputzt wird. Würden Sie das durchgehen lassen? – Nein, das würden Sie nicht! Und ich erwarte von Ihnen allen – und auch von Ihnen, Herr Minister –, dass Sie den Lehrlin­gen dasselbe Engagement und dieselbe Aufmerksamkeit entgegenbringen wie Schü­lern und Schülerinnen oder allen jungen Menschen in unserem Land. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, ich hoffe, das Wirkungsziel Attraktivierung, qualitative Ver­besserung der Lehrlingsausbildung wird ernst genommen, es geht etwas weiter. Ich höre jetzt von einer geplanten Evaluierung, vielleicht könnten Sie das noch etwas konkreti­sieren. Es ist sicher gut, wenn Daten und Fakten Basis für eine Weiterentwicklung sind. Aber das, was Abgeordnete Winzig sagt, dass es lächerlich ist, die Einschätzung und Meinung von Lehrlingen dazu heranzuziehen – das, was sie selbst über ihre Ausbildung sagen –, finde ich wirklich absolut inakzeptabel. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wö­ginger: Das hat sie nicht gesagt!)

12.41


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Nachbaur. – Bitte.

 


12.41.55

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Sehr geehrte Steuerzahler! Sehr geehrte zukünftige Steuerzahler! Wir haben heute schon öfter über den Zielpunkt-Konkurs gesprochen, wo 2 500 Mitarbeiter sowohl um ihr November-Gehalt als auch um ihr Weihnachtsgeld zittern müssen. Wir Abgeordnete sitzen hier herinnen im Warmen, und so mancher hier erscheint mir weit entfernt von den Menschen, die möglicherweise Zukunftsängste haben. (Abg. Kickl: Die Gewerkschaf­ter sitzen in ihren Luxuslimousinen!) Ich sage das deshalb, weil wir ziemlich sicher sind, dass die Arbeitslosenzahlen seit Jahren geschönt sind. (Zwischenruf des Abg. Weninger.)

Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele Frühpensionisten wie bei uns. Wir haben eine Rekordarbeitslosigkeit, obwohl wir die allerhöchsten Mittel in ganz Europa für den Ar­beitsmarkt aufwenden. Irgendwann einmal muss man aufwachen und zugeben, dass die Rezepte nicht funktionieren.

Die Welt ist global geworden, und es gibt heute digitale Geschäftsmodelle. Das sind diese globalen Multis, die hier weder einen Euro an Steuern zahlen noch einen einzi­gen Arbeitsplatz schaffen noch irgendetwas zur Wertschöpfung in unserem Land bei­tragen. Im Gegenteil: die bringen unsere KMUs unter Druck, die sich neben der hohen Steuerlast auch mit einer teils schikanösen Bürokratie herumschlagen müssen. Die gan-


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