Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll113. Sitzung / Seite 196

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Gäste auf der Galerie! Liebe Grüße auch an alle vor den Fernsehgeräten! Ich möchte Ihnen von etwas Spannendem erzählen.

Gestern Abend hat es eine sehr spannende Veranstaltung mit einer Wissenschaftlerin gegeben. Sie heißt Elisabeth Wehling und analysiert seit Jahren die politische Sprache, also wie die Begriffe sowie die politische Sprache, die wir verwenden, unser Bewusstsein formen und wie man mit bestimmten Rahmen, die man setzt, Themen rahmt – also framt. Sie hat viel über die aktuelle Flüchtlingspolitik gesprochen und darüber, wie über Schutzsuchende gesprochen wird.

Interessant war, dass sie gesagt hat, Schutzsuchende werden in der aktuellen Debatte als sogenannte Naturgewalt, als etwas Gefährliches, als etwas, wovor wir Angst haben müssen, definiert – mit der Sprache, mit Begriffen wie „Flüchtlingswelle“, „Flüchtlings­strom“ et cetera. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Herr Kollege, ich weiß, die Freiheitlichen machen sehr gern Zwischenmeldungen, aber vielleicht könnte man ab und zu auch den anderen zuhören. (Abg. Schimanek: Er hat Sie nur korrigiert!) Ja, danke für die Bestätigung der These.

Mit Begriffen und mit dieser bestimmten politischen Sprache definiert man die Schutz­suchenden, die Opfer von bestimmten Verhältnissen geworden sind, wie Krieg, Verfol­gung, Folter und politische Verfolgung. Ich glaube, das ist den allermeisten unbewusst, und vor allem auch vielen unbewusst, die dieser Sprache ständig ausgesetzt sind, nämlich unsere Bürger und Bürgerinnen. Mit dieser Sprache, mit diesen Tricks macht man sprachlich aus den Opfern Täter. Man tut so, als wären es diejenigen, vor denen wir Angst haben müssen, weil sie in Wellen kommen und uns sozusagen wie Natur­gewalten wegspülen würden.

So ist es möglich, die Opfer von Krieg und Verfolgung als Täter zu definieren, vor de­nen wir uns angeblich schützen müssen. (Abg. Peter Wurm: … Täter Opfer gehabt!) – Danke für die Zwischenrufe. Ich werde sie mir dann im Protokoll anschauen, wenn Sie erlauben. Ich will meine kurze Redezeit nicht damit vergeuden.

Die Situation ist vielmehr umgekehrt: Es geht um Menschen, die vor Verfolgung, vor Folter, vor den Bomben Assads, vor den Schlächtern des sogenannten Islamischen Staates und vor allen möglichen Faschisten dieser Welt flüchten. Die Situation ist so, dass diese Menschen Opfer der Verhältnisse sind und dass wir diejenigen sind, die die Möglichkeit haben, ihnen Schutz zu geben, den sie brauchen.

Ja, dieser Schutz kann nicht nur von einem Land allein gewährleistet werden. Ja, wir brauchen gemeinsame Lösungen. Wir brauchen endlich eine gemeinsame europä­ische Asylpolitik und übrigens auch eine europäische Migrationspolitik, denn das, was in diesen politischen Diskussionen von vielen – leider auch von der Frau Innenminis­terin – sehr oft unter den Teppich gekehrt wird, ist, dass dann, wenn sich ein Mensch legal in der EU aufhält und ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bekommt – was laut EU-Recht nach fünf Jahren möglich ist –, dieser Mensch sich in allen EU-Ländern be­wegen, aufhalten und niederlassen kann.

Das heißt, eine „nationale Lösung“ – unter Anführungszeichen – ist in der EU gar nicht mehr möglich, weil dann, wenn es ganz unterschiedliche Migrationspolitiken gibt, die Folge ist, dass Menschen, die sich legal in der EU aufhalten, sich auch in andere Länder, die vielleicht eine ganz andere Migrationspolitik haben, bewegen können. Auch deshalb kann es nur gemeinsame Lösungen geben. Im Sinne dessen möchte ich die Griechenland-Erpressungskonferenz ansprechen, sehr geehrte Frau Innenministerin, die Sie heute gemeinsam mit Ihrem Kollegen Sebastian Kurz einberufen haben.

Das muss man sich einmal vorstellen: Unsere Innenministerin und unser Außen­minis­ter laden zu einer internationalen Konferenz ein (Ruf bei der ÖVP: Ist das schlecht?!),


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