Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 104

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schon, warum man auf sogenannte nationale Lösungen zurückfällt. Sonst bleibt nämlich fast nichts übrig. Aber das ist das Problem und eben nicht die Lösung. Darauf legen es manche an, und das ist der Kern der Sache.

Es geht ja nicht darum, dass man sagt: Europa bringt nichts zusammen, und deshalb müssen wir wie früher nationalstaatlich handeln, Uraltpolitik machen. Es ist ja umge­kehrt: Europa, selbst die Union und ihre Institutionen können, obwohl dort viel möglich wäre, nicht mehr viel weiterbringen – das ist ja tatsächlich der Befund –, weil es absichtlich zum Scheitern gebracht wird. (Abg. Neubauer: Wer bringt was absichtlich zum Scheitern?)

Also noch einmal: Das ist das Problem und nicht die Lösung. Einzelne Politiker, aber auch einzelne Mitgliedstaaten legen es darauf an. Vor allem deshalb ist es nicht einfach und, zugegeben, tatsächlich schwierig. Also muss das erste Bemühen immer sein, dort Hand anzulegen, das zu verbessern. Was macht unsere Bundesregierung?

Ich erkenne im Übrigen an, dass man irgendwie unter Druck kommt, denn in diesem Land sind immerhin 90 000 Asylanträge entgegengenommen worden. Ja, richtig, das gibt es fast nirgends in Europa. Man versteht auch den Druck, dem sich der Herr Bundeskanzler ausgesetzt fühlt. Ich verteidige aber trotzdem nicht, was er tut.

Der Punkt ist ja noch ein anderer: Solche Freunde möchte man haben! Er war doch vor dieser Kehrtwende – zuerst hat es geheißen, keine Obergrenzen, dann auf einmal doch, das ist heute schon dreimal aufgezählt worden – der allerbeste Freund von Tsipras und gehörte zu den besten Freunden von Frau Merkel. Er hat es über Nacht geschafft, es sich mit beiden Freunden zu verscherzen und hat ihnen einfach das Rückenteil gezeigt. Ob das die richtige Lösung für einen europäischen Weg ist, wage ich zu bezweifeln. (Beifall bei den Grünen.)

Man hat es absichtlich in Kauf genommen, dass Menschen in Griechenland anstran­den – auch wenn es nach Ihrer Rechnung nur 15 000 oder 30 000 sind. Natürlich, mit dieser Logik muss es früher oder später so weit sein, dass es weniger werden, das ist in dieser Logik drinnen. Aber auf der anderen Seite geht es doch da­rum, dass man auch 30 000 oder 50 000 Menschen nicht zum Spielball einer solchen Strategie machen kann.

Die Balkanroute ist in dieser Form über Nacht geschlossen worden, und auch alleine das ist vorwerfbar, wenn man nämlich dieserart mit dem Schicksal der Menschen spielt. Da braucht man diejenigen, die helfen wollen, nicht noch zu kriminalisieren, aber das richtet sich ohnehin von selbst. (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Abschließend, was aber die Türkei betrifft: Dazu wurde alles vorgebracht, vor allem von der NEOS-Fraktion. Da schließe ich mich den Kollegen an.

Am Schluss wird der Punkt sein, dass die Lösung mit Menschlichkeit, auf Menschen­rechtsbasis und sogar mit ökonomischer Vernunft gelingen muss. (Abg. Rädler: Blabla!)

Was glauben Sie, was es kostet, alle Binnengrenzen im Schengen-Raum zu schließen? – Das kostet doch allein in Österreich 3 Milliarden € im Jahr! Das hat Herr Leitl gesagt und nicht ich. Ich habe die Studie gesucht, und er hat recht: 3 Milliarden € pro Jahr.

Also: Menschlichkeit und wirtschaftliche Vernunft! Machen wir keine Grenzen dicht, sondern auf und kontrollieren bitte an der Schengen-Grenze. Das verhindern Sie ja! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


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