Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll117. Sitzung / Seite 150

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Ärzte in totalitären Systemen gefürchtet sind. Wir kennen das von Josef Stalin. Dieser hat ja in der letzten Umnachtung seines Lebens immer von der Ärzteverschwörung gefaselt. Er hat Ärzte grundsätzlich gefürchtet. Das ist ein Kennzeichen von totalitären Strukturen. Man hat nicht gerne Leute, die sich eigene Meinungen bilden und schon gar nicht Leute, die in einem System diagnostisch tätig sind, wobei man natürlich wissen muss, dass Ärzte grundsätzlich Diagnosen und Therapien erstellen. Das ist ihr Beruf.

Aber wenn ein System ist, wie es ist – und die Gemeinde Wien ist ein verkrustetes, einerseits traditionsreiches, andererseits nicht so gut aufgestelltes System (Zwischen­ruf der Abg. Lueger) –, wenn dann jemand kommt und quertreibt und seine eigene Meinung äußert, und dann noch hergeht und eine eigene Gewerkschaft bildet, noch dazu recht hat und praktisch alle Ärzte auf seiner Seite hat, was muss dann der Dienstgeber tun? – Er muss diesen Meinungsbildner, diesen Meinungsäußerer natür­lich früher oder später entfernen, denn sonst stellt sich das System selbst in Frage.

Das ist aber ein grundsätzliches Problem von solchen Systemen, vor allem von öffent­lichen Systemen. Meine Damen und Herren! Der KAV, der Wiener Krankenanstal­tenverbund ist ein öffentlich finanziertes System. Das ist ganz wichtig zu wissen, weil nämlich jede öffentliche Struktur, jedes öffentliche System dazu verpflichtet ist, gera­dezu die Meinungsvielfalt garantieren zu müssen. Deswegen ist es öffentlich und wird von jedem bezahlt. Und wenn dieses System ausscherende Elemente, um es einmal so auszudrücken, kappt und köpft und hinausbugsiert, dann ist dieses öffentliche System nicht mehr funktionstüchtig und nicht mehr in Ordnung. (Neuerlicher Zwischen­ruf der Abg. Lueger.) Das muss uns schon bewusst sein. Hier ist etwas passiert, das ist ganz, ganz schlimm, jetzt abgesehen von den nepotistischen Strukturen, die dort herrschen und heute schon besprochen worden sind.

Da ist im Kern grundsätzlich etwas falsch. Das muss man thematisieren. Das ist nicht nur ein Landesthema, sondern das ist ein grundsätzliches Thema von öffentlichen Systemen, die öffentlich finanziert werden. Das System muss die Meinungsvielfalt garantieren, es muss Platz sein, allein durch die öffentliche Finanzierung und durch die öffentliche Struktur, dass sich Leute öffentlich äußern und auch Kritik am System üben können. Das muss das System gewährleisten.

Wenn es das nicht tut, dann ist es ein totalitäres System und ein System, das man dringendst hinterfragen, kritisieren und reformieren muss. Das ist, glaube ich, auch ein wichtiges Anliegen des Parlaments. Es kann hier aus meiner Sicht nicht argumentativ rational dagegengesprochen werden.

Daher würde es dem KAV und den Oberen dort sehr gut anstehen – sie könnten Größe beweisen –, wenn sie vor dem Gerichtsentscheid, der mit Sicherheit für Gernot Rainer ausgehen wird, diese Größe haben und diese Autorität in positivem Sinn zei­gen, wenn sie sagen, okay, lieber Freund, du bist zwar ein Kritiker von uns, aber gerade deswegen lassen wir dich hier weiter bei uns arbeiten. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, NEOS und Team Stronach.)

16.15

16.15.10

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

 


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