Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll119. Sitzung / Seite 50

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Und, Frau Kollegin Hakel – sie ist nicht mehr im Saal (Zwischenruf der hinter der letz­ten Bankreihe stehenden Abg. Hakel); ach ja –, da haben Sie auch recht: In den Schu­len wäre es auch sinnvoll, den Zeitgeschichteunterricht flächendeckend zu verbessern. Da könnte man durchaus an aktuelle Themen andocken und mit ausgeklügelten Unter­richtsmaterialien sehr geschickt die Geschichte vermitteln.

Stattdessen wird ein weiterer Museumssaurier in die ohnehin sehr dichte Wiener Mu­seumslandschaft gepresst und mit Subventionsschläuchen jetzt in den nächsten 10, 20 Jahren – keine Ahnung, wie lange – am Leben erhalten.

Die Zeithistoriker heute gehen eher davon aus, dass Geschichte dezentral und viel­stimmig sein muss, und ich erinnere nur an den erst voriges Jahr verstorbenen Zeithis­toriker Siegi Mattl, der immer davor gewarnt hat, Vergangenheit zu musealisieren. Er war der Ansicht – und nicht nur er –, dass dann konstruierte Geschichte, historische Erzählungen wie in einer Kühltruhe eingefroren werden. Und das ist das Schlechteste, was man der Geschichte antun kann.

Jetzt gehe ich davon aus, dass das gar nicht beabsichtigt ist, und ich erinnere daran, dass schon vor zehn Jahren Ministerin Gehrer an diesem Projekt „Haus der Geschich­te“ sehr weit voranschreitend gearbeitet hat. Und sie hat gesagt, dass es kein klassi­sches Museum im herkömmlichen Sinn sein wird. Nur hat ihr das damals niemand so richtig geglaubt, denn: Was aussieht wie ein Museum, was Räume hat wie ein Mu­seum, was die Strukturen eines Museums hat und was letztendlich im Museumsgesetz verankert ist, das ist ein Museum. Und es hat nicht lange gedauert, bis dann Wahlen gekommen sind, dann hat die SPÖ die Mehrheit gehabt und dieses Projekt wurde auf Eis gelegt.

Jetzt ist es wieder da, und jetzt lesen wir tatsächlich im Gesetzestext „Stätte der []kul­turellen Identität“. Das ist genau das, wovor ich warnen würde. Und die Drohung geht dann noch weiter mit der Festschreibung einer Verpflichtung zur Objektivität. Das sind wirklich Vorstellungen aus dem 19. Jahrhundert, die heute einfach nicht mehr einlösbar sind.

In zwei Punkten unterscheidet sich das neue Projekt vom alten: Vor zehn Jahren war der Spindoktor der ganzen Geschichte Stefan Karner, VP-nahe, und das Ganze hätte im Arsenal verwirklicht werden sollen. Jetzt haben wir den SP-nahen Spindoktor Oliver Rathkolb, und die Hofburg soll umgebaut werden. Warum das im Arsenal nicht stattfin­den kann, hat mir bis jetzt noch niemand erklären können. Die Defizite der Hofburg sind ganz offensichtlich. Allein die Umsiedlung der historischen Musikinstrumente-Samm­lung kostet 8,5 Millionen €.

Natürlich, finanzierbar ist alles, die Frage ist immer nur: Auf Kosten von wem? Und an­gesichts der in allen kulturellen Bereichen dringend benötigten Mittel ist das schon ein ordentlicher Betrag, 53 Millionen € bis zur Eröffnung des Hauses der Geschichte aus­zugeben. Dazu kommen dann nach der Eröffnung 3,6 Millionen jährliche Betriebskos­ten. Das bindet Ressourcen über sehr, sehr lange Zeit.

Und zur Erinnerung vielleicht: Vor nicht ganz zwei Jahren, vor eineinhalb Jahren, ha­ben Sie, Herr Minister, das Weltmuseum redimensioniert, weil es zu teuer war. Sie ha­ben damals gesagt, man kann sich keinen Ferrari leisten, wenn man sich seine Erhal­tung nicht leisten kann. Und die Betriebskosten von ein bissel mehr als 2 Millionen € waren Ihnen für die Erweiterung des Weltmuseums zu viel. – Jetzt haben wir keinen Fer­rari, sondern einen Bugatti mit 53 Millionen, wo wir uns die Betriebskosten von 3,6 Mil­lionen € offensichtlich leisten können.

Ich bin gespannt, wie das ausgeht. Ich glaube, das geht auf Kosten der Kulturschaf­fenden und aller Kultureinrichtungen, die dringend Geld benötigen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Alm.)

11.16

 


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