Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll119. Sitzung / Seite 67

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12.18.28

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zu­seher! Wahrscheinlich ist es nicht so einfach zu fassen: Zustimmung bei einem Staats­vertrag, worum geht es da? Wie viele Staatsverträge haben wir eigentlich? – Hunderte, vielleicht sogar etwas über Tausend oder Tausende. Pro Jahr schließen wir, glaube ich, 20 bis 30 Staatsverträge ab. Was ist das? Worum geht es da?

Ich habe mir das ein bisschen angeschaut. Nehmen wir einfach irgendein Land her, zum Beispiel Argentinien. Allein mit Argentinien haben wir schon acht Staatsverträge: über die Entschädigung für Arbeitsunfälle, ein Filmabkommen, ein Sichtvermerksab­kommen, ein Abkommen über den Militärdienst von Doppelbürgern, über wirtschaftli­che und industrielle Zusammenarbeit, über wissenschaftliche Zusammenarbeit, über den Schutz von Investitionen, ein Luftverkehrsabkommen et cetera. All das sind, glau­be ich, verständliche Dinge, die zwischen den Beamten eines Staates und den Beam­ten eines anderen Staates abgeschlossen werden, und dann gilt es, das zusammen­zuführen.

Und was kann das Parlament nun machen? – Das Parlament sagt: Ja, wir wollen das auch. Und was kann der Verfassungsgerichtshof danach machen? – Er kann sagen, ob ein solcher Staatsvertrag nach den Grundsätzen der Verfassung zustande gekom­men ist, aber er kann nicht über den politischen Inhalt entscheiden.

Daher ist der Antrag der FPÖ schon nicht mehr in Ordnung, denn: Was macht das für einen Sinn, da ein Minderheitsrecht zu installieren, mit dem jeder Staatsvertrag, der von der Republik gemacht wird, dann sofort einmal auf die Seite geschoben wird, und der Staat Österreich keine Rechtssicherheit zu einem anderen Staat mehr entwickeln kann, wenn ich nicht mehr in einem entsprechenden Zeitraum einen Vertrag abschlie­ßen kann?, weil ich nicht weiß, ob nicht 20 Abgeordnete von 183 im Parlament sagen: Das wollen wir jetzt einmal überprüft haben, und dann gehen wir zum Verfassungs­gerichtshof und schauen, dass er Nein sagt, und wenn er nicht Nein sagt, dann warten wir halt ein paar Monate! Und die Republik Österreich ist wieder für das nächste halbe Jahr oder für ein Jahr lahmgelegt, bis der Verfassungsgerichtshof dann gesagt hat: Ja, passt oder passt nicht!

Meine Damen und Herren, stellen wir uns vor, wenn wir da etwas wirklich Dringendes und Wichtiges brauchen! Auch der Staatsvertrag Österreichs war 1955 etwas ganz Entscheidendes, Wichtiges. Das wollten wir innerhalb weniger Tage und Wochen ab­schließen. (Zwischenruf des Abg. Stefan.) Und dann hätte es so eine Überprüfung ge­geben, bei der wir ein halbes Jahr, ein Jahr hätten warten sollen, als es um die Un­abhängigkeit Österreichs gegangen ist, als es darum gegangen ist, dass Österreich frei wird? Dann wollen Sie sagen: Jetzt lassen wir einmal den Verfassungsgerichtshof prüfen! – Nein, meine Damen und Herren, dazu ist das Instrument nicht da. Wenn Sie politisch etwas verhindern wollen, dann gibt es ganz viele andere Instrumente, aber nicht das Instrument der Überprüfung beim Verfassungsgerichtshof.

Das ist mir zu wichtig, und in dem Sinne, meine Damen und Herren, möchte ich sagen: Das wollen wir uns wirklich in Ruhe anschauen. Deutschland hat insgesamt eine an­dere Regelung als Österreich. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Stefan.) Vielleicht ist das eine Möglichkeit, auf die wir uns auch konzentrieren können, aber dann müssen wir unsere verfassungsgerichtliche Überprüfung komplett umstellen, und daher ist das nicht eine Frage, die nebenbei behandelt werden kann, sondern wirklich eine Grund­satzfrage, die wir in Ruhe prüfen müssen. Daher wollen wir diese Überprüfung auch in Ruhe durchführen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.22


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


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