Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll119. Sitzung / Seite 79

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Es ist ja nicht so, dass es, bevor die Bedarfsorientierte Mindestsicherung gekommen ist, keine Systeme gab. Nein, es gab neun unterschiedliche – sogar noch mehr, wenn man Notstandshilfe und so weiter dazurechnet. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Die sind jetzt auch unterschiedlich!) Es gab viele unterschiedliche Systeme, die ganz un­terschiedlich konstruiert waren, und es gab keine Verbindung von der Sozialhilfe zum Arbeitsmarkt. Damals war es wirklich eine Falle, in die Sozialhilfe zu kommen, und es gab kaum einen Weg aus der Sozialhilfe heraus und wieder zurück auf den Arbeits­markt.

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung hat genau das geschafft: die Mindestsiche­rung nicht als Armutsfalle, als Sozialhilfefalle zu sehen, sondern als Sprungbrett, damit jemand wieder aus dieser Situation heraus und auf den Arbeitsmarkt kommt. Wenn Sie sich diese Zahlen wirklich anschauen, dann ist das auch genau das, was die Bedarfs­orientierte Mindestsicherung heute leistet. Darauf sollten wir stolz sein und sie nicht aus parteitaktischen Neidreflexgründen madigmachen, wie das hier leider geschieht. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Schwentner.)

Wenn wir uns anschauen, wie die Bedarfsorientierte Mindestsicherung funktioniert, dann stellt sich erst einmal die Frage: Wieso gibt es keine bundesweit einheitliche Re­gelung? – Aus einem ganz einfachen Grund: Acht Bundesländer waren dafür, eines war dagegen, das war Vorarlberg, und deswegen gibt es keine bundeseinheitliche Re­gelung, sondern einen Artikel-15a-Vertrag mit Mindestsätzen, die die Bundesländer er­höhen können. Aber der Grund, wieso es kein bundesweites Gesetz gibt, ist jener, dass Vorarlberg das nicht wollte und die Bundesländer gemäß der Verfassung auch zuständig sind. Wenn Vorarlberger hier sprechen und das bekritteln, dann sollen sie das bitte im Landtag in Bregenz tun und nicht hier in Wien. (Abg. Rädler: … Niederös­terreich! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Das, was wir sehen, ist, dass in jedem Bundesland zirka die Hälfte der Mindestsiche­rungsbezieher in der jeweiligen Landeshauptstadt oder im Ballungszentrum des jewei­ligen Landes lebt. Das heißt, in Oberösterreich lebt zirka die Hälfte der Mindestsiche­rungsbezieher in Linz, in Salzburg lebt zirka die Hälfte der Mindestsicherungsbezieher in Salzburg, und in der Steiermark lebt zirka die Hälfte der Mindestsicherungsbezieher in Graz. Was wir bundesweit sehen, ist – weil Wien eben eine außergewöhnlich große Stadt für Österreich ist –, dass zirka die Hälfte der Mindestsicherungsbezieher öster­reichweit auch im Ballungszentrum in Wien lebt. Genauso, wie es in den Bundeslän­dern ist, ist es im Bundesgebiet. Das heißt, darin irgendwelche Fehlkonstruktionen der Mindestsicherung zu sehen, ist falsch.

Im Gegenteil: Wien zeigt, wie man das besonders gut machen kann. Nur 9 Prozent – nicht einmal jeder Zehnte, der Mindestsicherung bekommt – bekommen die höchste Mindestsicherung. 91 Prozent bekommen nur eine Zuzahlung, weil sie selbst arbeiten gehen, aber zu wenig verdienen, um davon leben zu können, oder weil ihr Arbeitslo­sengeld nicht ausreicht, um dieses Mindestmaß, von dem wir gesagt haben, dass da­runter menschenwürdiges Leben weder in Bregenz noch in Wien möglich ist, zu errei­chen.

91 Prozent haben ein eigenes Einkommen, aber es ist zu gering, um damit auszu­kommen, und die durchschnittliche Zeit, die jemand überhaupt Mindestsicherung be­kommt, liegt zwischen sieben und acht Monaten. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Geh, das ist ja ein Blödsinn! Das ist ja öffentlich einsehbar! Bitte! – Abg. Schwentner: Nein, das stimmt! – Zwischenruf des Abg. Rädler.) Allein daraus erkennt man, dass es of­fensichtlich sehr gut gelingt, die Menschen aus der Mindestsicherung in den Arbeits­prozess zu bekommen. Das ist genau das, worum es geht, und insofern geht der Groß­teil der Redebeiträge hier leider vollkommen an der Realität vorbei und beschäftigt sich nicht ernsthaft mit dem, was geschieht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite