Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll123. Sitzung / Seite 292

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck und weiterer Abgeordneter

betreffend „Mystery Shopping“ durch Sozialversicherung

eingebracht in der 123.Sitzung des Nationalrates am 27.04.2016 im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 20: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1577/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp der Säuberungswelle im Wiener Gesundheitswesen (1092 d.B.)

Schwerwiegende Auswirkungen auf Ärzte und Patienten befürchtet – Steinhart: „Wir werden Gang zum Verfassungsgerichtshof antreten“

Wien (OTS) - Es ist ein Vertrauensbruch in der Beziehung zwischen Arzt und Patient, der heute politisch genehmigt wird: Die Sozialversicherung hat in der heutigen Sitzung der Trägerkonferenz Richtlinien für die Durchführung, Dokumentation und Qualitäts­siche­rung des „Mystery Shoppings“ erlassen. „Es ist dies ein Beschluss, der an alte DDR-Zeiten erinnert. Die Sozialversicherung, das heißt der Österreichische Gewerk­schaftsbund und die Wirtschaftskammer, haben heute den Spitzelstaat in Österreich genehmigt“, betont Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer. Auch für Johannes Steinhart, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien sowie der Österreichischen Ärztekammer, bedeutet „Mystery Shopping“ in Arztordinationen den „unwiderruflichen Vertrauensbruch in der Beziehung zwischen Arzt und Patient“. Wenn Ärztinnen und Ärzte nicht mehr sicher sein könnten, ob ihnen Patienten oder Schauspieler, die die Sozialversicherung als Testpatienten engagieren will, mit gefakten E-Cards gegenüberstehen, bedeute dies nicht nur zusätzliche Untersuchungen sowie „Sicherheitsüberweisungen“ an Spezialisten – und damit eine zusätzliche Belastung für die Patienten -, sondern es werde auch den Steuerzahlern „eine Menge zusätzliches Geld kosten“, betont Steinhart. Schon derzeit könnten zahlreiche Kassenplanstellen nicht – oder nur nach mehrmaligem Ausschrei­ben – nachbesetzt werden. Steinhart gratuliert der österreichischen Sozialversiche­rung, den Beruf des Kassenarztes nun wieder um ein Stück unattraktiver gemacht zu haben. „Das ist schon eine bemerkenswerte Leistung“, ätzt Steinhart.

Gutachten unterstützen Rechtsweg

Die Ärztekammer bereitet nun die entsprechenden Schritte vor, um das „Mystery Shopping“ auch vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen. Unterstützt wird der Rechtsweg bereits von zwei Gutachten, die der Regelung eindeutig Verfassungs­widrig­keit bescheinigen.

Der anerkannte Verfassungsrechtler Heinz Mayer kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass der entsprechende Paragraf 32a im ASVG und die auf dessen Basis nun erlassene Richtlinie "ohne Zweifel verfassungswidrig" seien. Begründet wird dies damit, dass die Krankenkassen ohne Anfangsverdacht einen Lockspitzel in die Ordi­nationen schicken könnten. Diese Lockspitzel dürften aber nicht so weit gehen, dass sie den Arzt zu einer Straftat verleiteten, so Mayer.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Alois Birklbauer vom Institut für Strafrecht der Uni Linz. Er verweist in seinem Gutachten darauf, dass verdeckte Ermittler auch im


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