Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 68

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Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winzig zu Wort. – Bitte.

 


11.09.56

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Kolleginnen und Kollegen! Ja, ich finde es mutig von den Grünen, heute eine Debatte über Handelsabkommen zu initiieren, wo doch alle hier im Haus wissen, dass wir seit dreieinhalb Monaten den Leseraum von TTIP geöffnet haben, und noch kein einziger grüner Abgeordneter hat es der Mühe wert befunden, sich über diese Doku­mente zu informieren, sich einzulesen und diese durchzuarbeiten. (Abg. Kogler: Dass seit dreieinhalb Monaten …!)

Darüber waren auch die NGOs am 13. April im EU-Unterausschuss äußerst erstaunt, dass die Grünen das noch nicht gemacht haben. (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.)

Apropos NGOs: Ich gratuliere Greenpeace zur perfekten Marketingkampagne TTIP-Leaks (Abg. Kogler: Ja, genau! – Zwischenruf des Abg. Öllinger), da können US-Kon­zerne noch lernen, nämlich wie man Verhandlungsvorschläge mit überschaubarem Über­raschungseffekt und wenig Neuheiten so perfekt vermarktet, denn jeder, der in der Wirtschaft tätig ist – das sind leider wenige von Ihnen –, weiß, dass man mit Maximal­positionen in Verhandlungen geht und dass Verhandlungspositionen, Verhandlungsvor­schläge mit Sicherheit nie ein Verhandlungsergebnis sind. (Abg. Kogler: Tun Sie lieber etwas gegen diese Käfighaltung für frei gewählte Abgeordnete!)

Oder aber, wie Alexander Zens in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ schreibt: Es darf nicht übersehen werden, dass auch NGOs wie Greenpeace Eigeninteressen ha­ben, mit vermeintlich spektakulären Veröffentlichungen bleibt man interessant für Spen­der. – Ja, die einen wollen interessant sein, die anderen wollen ablenken, so wie zum Beispiel Dr. Drexel von SPAR, der mit einer Anti-TTIP-Kampagne hervorragend von einem Urteil wegen Preisabsprachen bei Milchprodukten und einer damit verbundenen Kartellstrafe in der Höhe von 30 Millionen € – eine der höchsten Kartellstrafen, die in Österreich je verhängt wurde – ablenken kann. (Abg. Pirklhuber: … sagen Sie ihm das persönlich nicht! – Zwischenruf der Abg. Fekter.)

Fakt ist, CETA ist ein hervorragend verhandeltes Abkommen, es hat all ihre Kritikpunk­te aufgearbeitet: das „right to regulate“, die Regulierungshoheit der Nationalstaaten, den Investitionsschutz Neu mit Verfahrenserleichterungen für KMU, die Absicherung der öffentlichen Dienstleistungen, sprich der Daseinsvorsorge, und einen Zugang zum öffentlichen Beschaffungsmarkt, wie ihn Kanada noch nie eingeräumt hat. Aber wahr­scheinlich haben Sie sich bei CETA genauso erkundigt oder informiert, wie Sie sich bei TTIP im Leseraum aufhalten.

Fakt ist aber auch, dass die 13. Verhandlungsrunde bei TTIP gezeigt hat, dass unsere Positionen noch weit auseinanderliegen und wir sicherlich nicht – und das hat Frau Malmström, aber auch unser Vizekanzler schon seit Langem bestätigt – unsere auf al­len Ebenen gesetzten Grenzen unterschreiten werden.

Aber die Konsequenz daraus kann doch nicht sein, dass wir Verhandlungen abbre­chen. Wir hätten doch in der Vergangenheit viel mehr verhandeln sollen, wir hätten uns viel erspart, und wir sollten auch in der Zukunft mehr verhandeln, um Wirtschaftskriege auszuschließen. Sich auszutauschen ist doch immer die beste Lösung! (Abg. Kogler: Ja genau!)

Europa und die USA haben doch seit dem Zweiten Weltkrieg die Gestaltungsmehrheit auf der Welt aufgrund der zwei Drittel Welt-Wertschöpfung inne; wir konnten Regeln aufstellen, die von anderen Ländern akzeptiert wurden. Das wird sich aber bis 2050 ge­waltig ändern, denn da haben wir nur mehr 30 Prozent der Welt-Wertschöpfung. Re-


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