Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 75

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11.36.23

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Mei­ne Damen und Herren! Sie sollten sich einmal im Internet die Seiten der Europäischen Kommission anschauen, denn dort findet man zu CETA einen ganz erhellenden Satz. Da schreibt die Kommission, dass CETA das umfassendste Handelsabkommen ist, „das die EU bisher abgeschlossen hat“ – „abgeschlossen hat“! Also für die Kommission scheint dieses Abkommen bereits fix und durchgegangen zu sein, also schon vor dem Ratsbeschluss, vor der Abstimmung im Europäischen Parlament und noch bevor das Abkommen auch nur einem einzigen nationalen Parlament vorgelegt worden ist. (Abg. Peter Wurm: Da wundern Sie sich, Frau Kollegin?)

Aber so fix, wie sich die Kommission das vielleicht wünscht, ist CETA noch lange nicht. Wir haben hier im Nationalrat – das wurde schon angesprochen – im September 2014 einen Entschließungsantrag verabschiedet. Darin haben wir festgelegt, was ein Han­delsabkommen erfüllen muss, damit es unsere Zustimmung bekommt. Daher werden wir auch keinem Abkommen zustimmen, das wir nicht gründlich prüfen können und das gegen unseren Parlamentsbeschluss verstößt. Ich gehe davon aus, dass unsere Re­gierung auch keinem Abkommen und erst recht nicht dessen vorläufiger Anwendung zustimmen wird, solange es kein klares Votum des Parlaments dafür gibt. Und das gilt natürlich für alle Abkommen, aber im Besonderen für CETA und für TTIP.

Da hat die Kommission schon recht, CETA ist das umfangreichste Abkommen, das von der EU bisher verhandelt wurde, und TTIP ist sicherlich noch größer. Da werden nicht nur Handels- und Wirtschaftsfragen verhandelt, CETA und TTIP greifen tief in unser Le­ben ein. Sie berühren unseren Verbraucherschutz, sie berühren unseren Umweltschutz, sie berühren unsere Trinkwasserversorgung, unsere sozialen Absicherungen, unsere De­mokratie und unseren Rechtsstaat, unser Rechtssystem.

Es gäbe bei dem Abkommen einiges zu verändern, nicht nur an der intransparenten und undemokratischen Art und Weise, wie es umgesetzt werden soll, sondern auch in­haltlich, nämlich besonders was diese Konzerngerichte betrifft. Da hat die Kommission zugegebenermaßen einiges verändert, mit dem Ergebnis, dass wir jetzt von der Traufe in den Regen gekommen sind, wenn Sie so wollen, denn unser Rechtssystem wird wei­terhin schweren Schaden nehmen, da Schiedsgerichte, egal, ob öffentlich oder ob pri­vat, letztendlich Sonderrechte für die Großkonzerne bleiben. Wir schaffen damit eine Paralleljustiz, die unseren Rechtsstaat letztendlich untergräbt.

Hier möchte ich noch einmal vor den vorläufigen Anwendungen warnen, denn wir wür­den in eine Situation kommen, in der uns multinationale Unternehmen auf der Grund­lage eines Abkommens, das wir ablehnen, dem wir nicht zugestimmt haben, mit Millio­nenklagen überziehen können. Und selbst wenn wir das Abkommen dann ablehnen und CETA scheitert, hätten die Unternehmen auf der Grundlage eines Abkommens, das wir ausdrücklich ablehnen, noch mehrere Jahre das Recht, uns weiter zu verklagen.

Unsere Position ist also klar: Nein zu den Schiedsgerichten, Nein zur vorläufigen An­wendung von CETA und Nein zu dem Abkommen in dieser Form!

Ein Abkommen zwischen der EU und Kanada hätte sehr viel positives Potenzial, würde man den Mut haben und sich die Zeit nehmen, es sich ausführlich und genau anzu­schauen und zu diskutieren – etwa im Rahmen der angedachten Enquete –, damit es nämlich kein reines Handelsabkommen wird, sondern auch ein Verbraucherschutzab­kommen, ein Umweltschutzabkommen und ein Anti-Sozialdumpingabkommen. Diese Chance wurde aber bisher vertan, und darum werden wir CETA in dieser Form nicht mittragen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.40


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Mag. Karas, Mitglied des Europäischen Parlaments, zu Wort. – Bitte.

 


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