Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 76

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11.41.02

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Othmar Karas, MBL-HSG (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh da­rüber, dass der österreichische Nationalrat heute wieder einmal die Fragen von Han­delsabkommen diskutiert, weil es in der Bevölkerung Fragen, Sorgen und Ängste gibt, wie der Herr Vizekanzler auch angeschnitten hat, und weil wir viele dieser Sorgen, die­ser Ängste und dieser Fragen deshalb haben, weil die Debatte zu wenig faktenbasiert ist. Jede öffentliche Debatte – und daher hoffe ich, so auch die heutige Diskussion – trägt zu einer Präzisierung, zu einer Versachlichung bei und stellt die Information in den Mittelpunkt.

Ich habe den Eindruck, dass die FPÖ als einzige Fraktion radikal gegen die beiden Han­delsabkommen ist und es allen anderen Fraktionen nicht um das Ob, sondern um das Wie geht. Und genau darum geht es auch dem Europäischen Parlament. Wir müssen, wenn wir an die Fakten denken – in Bezug auf meine Vorrednerin –, sagen: Der Inhalt des CETA-Abkommens liegt seit 29. Februar 2016 auf dem Tisch, ist also bekannt und kann bewertet werden. Wir können uns unser Abstimmungsverhalten überlegen und beurteilen, ob die Bedingungen, die wir im Nationalrat und im Europäischen Parlament an die Verhandler gerichtet haben, erfüllt sind.

Aus meiner Sicht sind sie bei CETA gerade durch die Abänderungen hinsichtlich der Schiedsgerichte, aber auch darüber hinaus erfüllt. Offen ist, ob es ein gemischtes Über­einkommen ist oder nicht. Der österreichische Nationalrat, Österreich geht davon aus, dass es ein gemischtes Übereinkommen ist. Bei TTIP sind die Verhandlungen noch im Gange. Die Bedingungen des Nationalrates, die Bedingungen des Europäischen Parla­ments, die Bedingungen des Rates für ein derartiges Abkommen liegen auf dem Tisch, noch nicht aber die Verhandlungsergebnisse. Daher möchte ich schon sehr deutlich sa­gen: Wenn wir alle – und ich hoffe, alle – einen faireren Handel wollen, dann müssen wir den faireren Handel verhandeln. (Abg. Pirklhuber: Aber ohne Schiedsgerichte!) Oh­ne Verhandlungen gibt es keine Rahmenbedingungen zur Regelung der Globalisie­rung – und wir wollen die Globalisierung regeln, denn wenn wir sie nicht regeln, ge­winnt im Regelfall derjenige, der das Recht nicht einhält, der niedrigere Standards hat, niedrigere Löhne zahlt, gegenüber demjenigen, der höhere Standards hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wollen die Globalisierung nach unseren Werten, nach unserem Rechtsverständnis regeln, daher sagen wir Ja zu Verhandlungen. Alle Sorgen, alle Ängste, alle Resolu­tionen, die ich kenne, sind als Bedingungen des Europäischen Parlaments und des Ra­tes gemeinsam im Verhandlungsmandat an die Verhandler enthalten, und diese Be­dingungen sind die Grundlage der Bewertung der Verhandlungsergebnisse.

Ich frage mich die ganze Zeit – und da schließe ich an Frau Glawischnig an –: Warum soll am Ende eine Volksabstimmung stehen? Ich sage das ganz trocken: Vor wem fürchten wir uns eigentlich? – Fürchten wir uns vor uns Politikern, die wir sowohl im Europäischen Parlament als auch im nationalen Parlament das letzte Wort haben? (Abg. Stefan: Oder vor der Bevölkerung?) Fürchten wir uns vor unseren Bedingungen, die wir an die Verhandler gestellt haben? Fürchten wir uns vor unserer Qualität? Fürch­ten wir uns vor unseren Stärken? – Nein, davor fürchte ich mich nicht! Ich möchte die parlamentarische Demokratie stärken und nicht aushöhlen. Daher bin ich froh, dass das Europaparlament seit dem Lissabon-Vertrag mit in den Entscheidungsprozess ein­gebunden ist.

Ich möchte die europäische Qualität stärken, ich möchte die europäische Landwirt­schaft stärken, ich möchte unsere Stärken in der Wirtschaft und als Standort stärken, daher verhandeln wir, damit wir mit unseren Werten und mit unserem Recht die Globa­lisierung regeln können. Wer sich abschottet, verliert. Wir gehen auf die anderen zu,


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