Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 81

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Für mich steht fest: TTIP hat globale Bedeutung. Es ist leichtsinnig und kurzsichtig, zu glauben, ohne dieses Abkommen bliebe in Europa alles, wie es ist. In Österreich hängt jeder zweite Arbeitsplatz direkt oder indirekt vom Export ab; allein etwa 100 000 Ar­beitsplätze sind direkt mit dem USA-Handel verbunden.

Nun aber zum eigentlichen Punkt meiner heutigen Ausführungen: Dass in dieser De­batte speziell in Österreich Sachverhalte zugespitzt und bewusst dramatisiert werden, ist kein Geheimnis. Ich glaube aber, wer sich nur noch empört, denkt schlicht nicht mehr nach, und das ist eine der Tragödien dieser Freihandelsdebatten. Ich habe oft den Eindruck, es geht mehr um Stimmung als um Fakten, mehr um Ideologie als um Wissen.

All dies bewirkt, dass ich mit einem Déjà-vu kämpfe, nämlich: Beim EU-Beitritt vor gut 20 Jahren hatten wir eine ähnliche Situation. Was war damals Gegenstand der De­batte? – Angst vor Blutschokolade, Farbstoffen aus Läusen und Gentechnik. Wenn wir zurückblicken, dann sehen wir, dass sich die Standards nicht gesenkt haben und auch der viel prognostizierte Untergang des Abendlandes nicht eingetreten ist. (Abg. Lugar: Aber Sie könnten etwas Sachliches sagen! Was halten Sie davon?)

Das Problem bei dieser Art der Diskussion ist die völlige Emotionalisierung und das be­wusste Schüren von Aggression (Abg. Lugar: Sagen Sie etwas Sachliches zum The­ma!) – Aggression, die dazu führt, dass sich die BefürworterInnen und deren GegnerIn­nen in einer Diskussion gegenseitig tatsächlich extrem angreifen. (Abg. Lugar: Sagen Sie etwas zum Thema!)

Ich war vergangene Woche bei einer Debatte zu diesem Thema, und die Emotionen sind dort fast übergekocht. Die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström erzählte mir von Morddrohungen, die sie bekommt. Der Wut- und Aggressionsspiegel nimmt be­ängstigende Ausmaße an. Ein vernünftiger Austausch von Argumenten und Meinun­gen findet tatsächlich kaum mehr statt. (Abg. Lugar: Na sagen Sie einmal etwas Ver­nünftiges!) Wir leben in Zeiten von massiver sprachlicher Gewaltanwendung, und ich sage Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen, dass das nicht sein kann. Wir reden von einem Freihandelsabkommen! Dass man da knapp bis an die Schwelle der sprach­lichen und tatsächlichen Gewalt kommt, ist eine Sache, die wir gemeinsam einbremsen müssen.

Wir Politikerinnen und Politiker haben tatsächlich den Auftrag, diese Emotionen hintan­zuhalten, die Ängste zu beruhigen und nicht, irgendeinen Punktesieg zu erreichen und dem Gegner ein Projekt zu ruinieren. Greifen wir daher ein und sorgen wir für eine De­eskalation dieser Debatte!

Ob bei der Lagerbildung gerade jetzt in der finalen Phase des Bundespräsidentschafts­wahlkampfes oder auch bei der Regierungsarbeit als solcher, zeigen wir alle den Men­schen, dass es auch anders geht! Ich hoffe, dass dies weder für die heutige Debatte noch für die Zukunft ein frommer Wunsch meinerseits bleibt.

Ich wünsche uns allen noch einen konstruktiven Austausch. Hvala lepa! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.02


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Steinbichler gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte. (Abg. Steinbichler begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Tafel mit einer Fotografie eines Bauernhofes auf, vor welchem ein Schild mit der Aufschrift „Wegen US-Konkurrenz geschlossen“ steht. – Ruf bei der ÖVP: Oje! – Abg. Fekter: Ha­ben wir wieder das Palmöl?)

 


12.02.55

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher auf


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