Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 239

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einfach nur, um da Stimmungen hineinzuhauen und den Menschen ihre Rechte vorzuenthalten.

Mit dem Vertrag von Lissabon haben die Mitgliedstaaten ganz klar bekundet, dass die Europäische Union als Ganzes der Europäischen Menschenrechtskonvention beitreten soll, und übrigens auch gleichzeitig bekundet – wenn Sie das jemals gelesen haben, dann wissen Sie sie es –, dass die Europäische Union eben keine Supranation werden soll. – Das steht alles im Primärrecht. Dieser Wille muss natürlich auch umgesetzt werden, und da dürfen formale Hindernisse nicht im Wege stehen.

Das Gutachten – wenn man sich das anschaut, dann sieht man das klar und deutlich – vermittelt ein bisschen den Eindruck, dass der EuGH nicht will, dass da ein höheres Gericht quasi drübergesetzt wird. Das ist aus der Interessenlage her natürlich ver­ständlich, aber für uns ist es nicht verständlich. Wir wollen so ein zusätzliches Rechts­schutzinstrument haben, um den Menschenrechten noch mehr Kraft zu verleihen und sie noch besser durchsetzen zu können.

Ich danke den NEOS, ich danke Ihnen, Kollege Scherak, für diesen gut formulierten Antrag. Nehmen Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, sich da ein Beispiel, das ist konstruktive Oppositionspolitik! Mögen viele weitere Beispiele auch von anderen Fraktionen folgen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Scherak. – Abg. Hübner: Wir warten eh schon auf ein Koalitionsangebot!)

22.09


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Vavrik. – Bitte.

 


22.09.48

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Im Zusammenhang mit dem Türkei-Flüchtlingsabkommen drängt sich immer dringender die Frage auf, wie es eigentlich um die Menschenrechte in der Türkei bestellt ist, insbesondere vor dem Hintergrund von Berichten über angebliche Rück­schie­bungen von Flüchtlingen bis hin zum Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge an der Grenze.

Die Antwort ist, dass es nicht gut darum bestellt ist, und vor allem, dass sich die Lage dramatisch verschlechtert. Bereits der Bericht der EU-Kommission vom Novem­ber 2015 ist, was Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit betrifft, vernichtend ausgefallen.

Ich zitiere aus dem Bericht: „Die Unabhängigkeit der Justiz sowie der Grundsatz der Gewaltenteilung wurden untergraben und Richter und Staatsanwälte waren starkem politischen Druck ausgesetzt. (…) Erhebliche Anstrengungen sind erforderlich, um die Unabhängigkeit der Justiz wiederherzustellen“.

„In Bezug auf die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit“, schreibt die Kommission weiter, „waren erhebliche Rückschritte zu verzeichnen.“ Die Kommission kritisiert die neuerliche Ausstattung der Exekutive mit weitgehenden Vollmachten ohne richterliche oder parlamentarische Kontrolle. Und die Kommission bemängelt auch die sehr weite Definition von terroristischer Aktivität, wodurch über die „Hintertür“ der sogenannten Beihilfe zu Terrorismus Journalisten, Parlamentarier, Regierungskritiker und sonstige unliebsame Bürger eingesperrt oder verhaftet werden.

Auch andere Institutionen haben das Abdriften der Türkei in Sachen Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit aufgezeigt. Zwei Beispiele: Reporter ohne Grenzen setzt in seinem Press Freedom Index die Türkei unter 180 Ländern auf Platz 151. Das Inter­essante ist, dass die Türkei vor zehn Jahren noch auf Platz 98 stand; es ist also in die falsche Richtung gegangen. Auch hierzulande hat die Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter im März dieses Jahres Alarm geschlagen und in einem Brief


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