Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 243

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22.23.14

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Herren Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Vor zwei Tagen in Istanbul ein trauriger Tag in der Geschichte des Parlamentarismus: Knapp einem Viertel der türkischen Abgeordneten soll die Immunität aberkannt werden. Dazu ist zu sagen: Allein 50 Abgeordneten der kurdischen HDP, 51 der sozialdemokratischen CHP, 9 der konservativen MHP und selbst 27 Mandataren der AKP geht es hier auf demokratiepolitisch bedenkliche Weise an den Kragen.

Das Kapitel Demokratie und Parlamentarismus ist ein Thema, wo in der Türkei einiges im Argen liegt. Es wird gewählt. Wenn das Wahlergebnis nicht passt, wird wieder gewählt – bis eben das Wahlergebnis passt. So wird innenpolitisch eine Atmosphäre erzeugt, gewaltsam erzeugt, dass die Menschen Angst bekommen, sich nach einer Art von Stabilität sehnen, die schon mehr mit dem starken Mann zu tun hat.

Demokratiepolitisch sehr bedenklich ist allerdings auch, wie mit Menschenrechten in der Türkei umgegangen wird. Frauenrechte sind ja sowieso Nebensache. Das hat man gesehen an dem Umstand, wie die Polizei am Internationalen Tag der Frau in Istanbul vorgegangen ist: massive Gewaltanwendung gegen Frauen, die politisch ihre Meinung kundgetan haben.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird massiv Schritt für Schritt eingeschränkt. Es gibt zahllose Verfahren gegen politisch aktive Bürger. Und selbst Facebook-Eintra­gungen werden streng bestraft, wie das Beispiel des 17-Jährigen, der Erdoğan als einen Dieb in seinem illegalen Palast bezeichnet hat, bezeichnet hat: Er hat elf Monate dafür bekommen.

Es gibt Polizeieinsätze selbst gegen Zeitungsredaktionen, Besetzungen durch die Polizei, massive Druckausübungen, es wird ein Klima der Gewalt geschaffen. Die Vor­fälle im Gezi-Park sind ja allgemein bekannt: Massenprozesse gegen Beteiligte. Und höchst bedenklich ist auch der Umgang des Regimes Erdoğan mit der Rechtstaat­lichkeit. Es gibt Tendenzen zur Gleichschaltung der Justiz, massenhaft Verwarnungen und Versetzungen und Schauprozesse gegen Militärangehörige, die sich nicht so einfach beugen.

Schlussfolgerung: Nicht wegschauen!, ist heute hier schon gesagt worden. Es gibt natürlich schwerste Bedenken gegen diese Vorgehen. Aber was wir heute hier machen, die Mehrzahl der Fraktionen und Abgeordneten, ist, mit dem Entschließungs­antrag hier eine klare Position zu beziehen. Es ist politisch bedenklich und peinlich, dass die FPÖ hier nicht mitkann, das sagt aber auch einiges aus. Die Mehrzahl der Fraktionen sagt ein klares Nein zu der Art und Weise, wie die türkische Regierung mit dem eigenen Volk umgeht. Und für uns ist es auch ein Ausdruck der Solidarität mit jenen, die in der Türkei für Demokratie und Menschenrechte an vorderster Front kämpfen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, NEOS und Grünen.)

22.26

22.26.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt über jeden Ausschussantrag getrennt.

Zunächst Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: die dem Ausschussbericht 1128 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Beitritt der Europä­ischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

Wer stimmt dem zu? – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 148.)

 


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