Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 126

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Ich bin überzeugt davon, dass es längst an der Zeit ist, die Löhne für Lehrlinge im ersten Lehrjahr anzuheben. Ich sage Ihnen: Wenn Sie einem Zahntechniker-Lehrling 384 € brutto zahlen oder im Friseurgewerbe 395 € oder im Blumeneinzelhandel 408 €, ist das zu wenig. Erstes Lehrjahr: 500 €! Das wird sicher auch ein Beitrag dazu sein, dass Jugendliche Interesse an den Lehrstellen haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Glawischnig-Piesczek.)

Es geht aber natürlich auch darum, die Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen, auch, was es der öffentlichen Hand wert ist. Ich glaube, dass es längst an der Zeit ist, Herr Minister Mitterlehner, dass die Internatskosten, wenn die Jungen in der Berufsschule sind, übernommen werden und die Selbstbehalte nicht bei ihnen hängen bleiben oder die entsprechenden Förderungen gleichgeschaltet werden wie bei den Schülerinnen und Schülern. Genau darin drückt sich auch die Wertschätzung aus.

Da heute schon Zahlen genannt worden sind, was denn die öffentliche Hand für junge Menschen ausgibt und was Ihnen das wert ist: Dem Bericht kann man entnehmen, dass die öffentliche Hand bei den Lehrausbildungen pro jungem Menschen 5 745 € aufwendet. Im Vergleich dazu: Bei den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen sind es 10 113 €.

Wir sehen: Es gibt viele Ansatzpunkte. Ich erlebe das heute hier im Plenum als differenzierte und spannende Diskussion, die Frage ist: Welche Maßnahmen können weiter gesetzt werden? Auch im Bericht sind verschiedene Vorschläge enthalten, und da Sie heute angeboten haben, dass es eine weitere Debatte dazu gibt, kann man auch die weiteren Maßnahmen setzen, um die Qualität für die Lehrlinge tatsächlich zu verbessern und zu stärken. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schopf.)

14.31


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


14.31.12

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Frau Kollegin Lichtenecker, wenn irgendwo zu geringe Lehrlingsentschädigungen bezahlt werden und man deswegen keine guten Lehrlinge bekommt: Da sind Betriebe tatsächlich schon auf die Idee gekommen, dass sie eben mehr zahlen, als kollektivvertraglich vorgesehen ist. Es gibt sehr viele Betriebe, die ihren Lehrlingen – insbesondere wenn sie gute Leistungen bringen – eine Lehr­lings­entschädigung deutlich über dem Kollektivvertrag gewähren. Das halte ich für gut und richtig.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass wir die Lehrlingsdebatte nicht losgelöst von der Bildungsdebatte führen können. Wenn unser Schulsystem so ist, dass 20 Prozent der Absolventen nach der Pflichtschulzeit nicht sinnerfassend lesen können, dass sie die Grundrechnungsarten nicht beherrschen, dann bekommen die Absolventen natürlich keine Lehrstelle, weil die Unternehmen junge Leute brauchen, die die Voraus­setzungen mitbringen, in der Berufsschule zu bestehen und die fachlichen Qualifika­tionen im Lehrberuf erwerben zu können. Wenn wir heute feststellen, dass manche junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt ein Problem haben, dann ist das ein Problem der Volks- und Mittelschulausbildung.

Das, was der Bundesregierung dazu als Lösung einfällt, ist eine Ausbildungspflicht bis 18. Dem Herrn Vizekanzler ist in diesem Zusammenhang schon einmal das Wort Ein­stellungspflicht entschlüpft, und ich habe das als freudschen Versprecher aufge­nommen, der die wahre Absicht zeigt: Am Schluss geht es darum, die Unternehmen dazu zu zwingen, junge Leute aufzunehmen, obwohl sie aus der Schule die Qualifi-


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