Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 35

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Schwächen herumdoktern, sondern dass wir die Potenziale, die Stärken der Kinder auch wirklich entfesseln und heben. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt hat sich leider durch die Zentralmatura, denke ich, diese Zielsetzung nicht verwirk­licht. Im Gegenteil! Es ist sogar schlechter geworden, es hat sich verschlechtert. Egal, wohin man kommt – das kennen Sie aus Ihren täglichen Lebensrealitäten –, es wird sehr oft über die Schule diskutiert. Man hört so Sätze wie: Endlich habe ich alle Kinder durch die Schule durch! Oder: Warte nur, in der AHS, das wird dann so richtig lustig! Oder: Wo bekomme ich günstige Nachhilfe bereits in der Volksschule her? – Das sind Themen, die sehr viele Eltern bewegen, egal, wohin man kommt, wird darüber disku­tiert, wird die Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht.

Deswegen, Frau Bundesministerin, war Ihr lapidarer Satz mit „So what? Na und?“ so ir­ritierend, weil das in der Lebensrealität von vielen Menschen eine bedrückende Situa­tion ist, mit der man irgendwie umgehen muss. Da wünscht man sich eine Ministerin, die das sehr ernst nimmt, die diese Situation auf Augenhöhe wahrnimmt und auch ge­gensteuert. Ich hoffe, Sie verstehen das und können nachvollziehen, dass wir jetzt sehr ernsthaft über Konsequenzen aus den Ergebnissen der Zentralmatura diskutieren wol­len, weil einfach für viele Kinder diese Hürde mittlerweile so weit geht, dass bereits 14-,
15-Jährige Angst haben, da das ganze Oberstufensystem darauf ausgerichtet wird.

Ich weiß nicht, wer sich noch erinnern kann, wer Mathematik-Matura gemacht hat oder Mathematik-Schularbeiten geschrieben hat: Früher war das kein Problem, wenn man die Hälfte der Aufgaben richtig gelöst hat, wenn man die Hälfte der Arbeit richtig ge­macht hat, war sie positiv. Mittlerweile kann man mit zwei Dritteln einer positiv abge­schlossenen Arbeit immer noch ein „Nicht genügend“ bekommen, weil jede Aufgabe für sich positiv abgeschlossen werden muss. Das sind schon spezielle Mechanismen, wo­mit die gesamte Oberstufe auf diese Fokussierung hinsteuert. Die Lehrerinnen und Leh­rer, die Schülerinnen und Schüler arbeiten nur mehr auf die Zentralmatura hin. Neben­fächer werden zu echten Nebenfächern; da muss man sagen, da geht auch viel an Ta­lenten, die sich sonst entwickeln könnten, verloren.

Wir Grüne möchten das gerne ändern. Ich nenne Ihnen noch ein paar Beispiele aus den letzten Wochen: In Niederösterreich, in einem durchaus bekannten Gymnasium, haben 73 Schülerinnen und Schüler die achte Klasse begonnen, nur 43 davon haben die schrift­liche Matura ohne Kompensationsprüfung geschafft.

Herr Rosenkranz, machen wir gleich einmal eine Rechnung: Wie viel Prozent sind das? – Nein, ich sage es: Es sind 41 Prozent, die das nicht geschafft haben, und das ist, glau­be ich, für die achte Klasse schon ein Armutszeugnis. Wenn wir uns alle an unsere Schulzeit erinnern, wir hatten bei Erreichung der siebten oder achten Klasse bereits ei­ne gewisse Sicherheit. Aus der jetzigen Situation heraus entsteht eben diese Angst und diese Drucksituation. (Unruhe im Sitzungssaal.)

Frau Präsidentin! Vielleicht könnten Sie ein bisschen für Ruhe sorgen. Ich glaube, dass das Thema durchaus wichtig ist, ich glaube, dass wir uns durchaus ernsthafter mit der Zu­kunft unserer Jugendlichen und Kinder beschäftigen könnten. (Beifall bei den Grünen so­wie bei Abgeordneten von ÖVP und Team Stronach. – Abg. Lugar: Man versteht nichts!)

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Klubvorsitzende, ich habe, bevor ich Ihnen das Wort er­teilt habe, auch etwas Zeit gegeben, damit man die neuen Abgeordneten im Haus, die gerade angelobt wurden, begrüßen kann. Es stimmt, das müsste jetzt eigentlich erle­digt sein. Es herrscht ein allgemein hoher Lärmpegel, ohne dass es Zwischenrufe gibt, aber ich würde wirklich darum bitten, dass wir uns zu Beginn der heutigen Sitzung da­rauf konzentrieren, den Ausführungen der Rednerinnen und Redner zu folgen. – Bitte. (Abg. Walter Rosenkranz: Offensichtlich funktioniert der Frontalunterricht nicht!)

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (fortsetzend): Wir können auch Gruppen­arbeiten machen.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite