10.14
Abgeordneter Dr. Karlheinz Töchterle (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministra! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Prüfungen haben verschiedene Funktionen. Eine wichtige Funktion ist die Berichts- und Rückmeldefunktion. Sie zeigt den Lehrern und den Schülern, ob er oder sie die Lernziele erreicht hat.
Eine andere wichtige Funktion, insbesondere bei der Matura, ist die Berechtigungsfunktion der Prüfung. Sie erteilt Berechtigungen, vor allem die Berechtigung zum Hochschulbesuch – eine formalisierte Regelung, die, ausgehend vom Preußen des späten 18. Jahrhunderts, viele Länder Europas übernommen haben und die heute eine ganz wichtige Funktion ist, weil Hochschulplätze begehrt sind.
Österreichische Hochschulplätze sind international hoch nachgefragt. Da ist diese Funktion sehr wichtig, und da ist es sehr gut, wenn man sie innerhalb Österreichs möglichst gleichmäßig wahrnimmt. Und das leistet die teilstandardisierte Reifeprüfung, wie der offizielle Terminus heißt – üblicher ist der Terminus Zentralmatura, ich verwende ihn also auch –, das leistet die Zentralmatura sehr gut, wenngleich diese Berechtigungsfunktion auf der anderen Seite auch wieder abnimmt, weil es inzwischen eine Fülle von Zugangsmöglichkeiten zu den tertiären Bildungseinrichtungen gibt – nicht nur die Matura – und weil sich vor allem durch den Einfluss des angloamerikanischen Raumes auf unser Bildungssystem ganz generell die Tendenz verstärkt, dass nicht mehr die abgebende Institution, also das Gymnasium, die Sekundarstufe, entscheidet, wer studieren kann und was er studieren kann, sondern immer stärker die aufnehmende Institution, die Universität. Das ist ein internationaler Trend, der aus verschiedensten Gründen stärker wird.
Gleichwohl stelle ich mit Freude fest, dass die Zentralmatura an und für sich heute nahezu niemand mehr in Frage stellt und dass nur an Details ihrer Umsetzung Kritik geübt wird und Verbesserungsmöglichkeiten gesehen werden. Die sehe ich auch. Ich möchte aber schon betonen, dass die Zentralmatura auch jetzt schon eine Fülle sehr guter Wirkungen entfaltet. Manche davon sind heute noch nicht formuliert worden, und eine davon möchte ich besonders hervorheben, weil ich sie aus eigener Anschauung sehr gut kenne. Die Zentralmatura für die alten Sprachen wurde nämlich auch und intensiv von meinen Kollegen an der Universität Innsbruck mitentwickelt, im Zusammenwirken mit den Schulbehörden, vor allem mit den Landesschulinspektoren von Niederösterreich und Wien, Lošek und Sörös, und gemeinsam mit den Lateinlehrerinnen und -lehrern sowie mit den Griechischlehrerinnen und -lehrern in Österreich.
Das enge Zusammenwirken dieser Akteure, das weitergeht – wie ja auch die Frau Ministra treffend geschildert hat – bei der Erarbeitung weiterer Testformate, hat dazu geführt, dass es zum Beispiel in unseren Fächern nahezu keine Probleme gibt und dass vor allem – und darauf möchte ich dezidiert hinweisen – die Zentralmatura eine ganz segensreiche Wirkung auf die Prüfungskultur insgesamt hat, denn im Hinblick darauf, dass diese Hürde dann zu bewältigen ist, gehen die Lehrerinnen und Lehrer in Österreich jetzt dazu über, das ganze schriftliche Prüfungssystem auf diese Zentralmatura hin auszurichten und diesem ganzen Prüfungssystem damit eine hohe Standardisierung und hohe Qualität zu verleihen.
Das kann ich sagen, weil ich noch vor Kurzem selber eine entsprechende Lehrveranstaltung geleitet und mit den Experten kooperiert habe. Das übt eine sehr günstige Wirkung auf die generelle Prüfungskultur in diesen Fächern aus. Das nehme ich auch für andere Fächer so an, wenngleich ich weiß, dass man nicht überall in diesem hohen Konsens zu den entsprechenden Lösungen gekommen ist, aber man arbeitet an ihnen weiter, und es wird noch werden.
Ein letztes Wort noch zu der Klage, die ich dauernd höre, dass die Schule den Kindern die Lust am Lernen und die Neugierde austreibe. – So einfach kann man es sich nicht
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