Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 60

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In diesem Film kommen auch einige Topmanager zu Wort. Einer wird unter anderem gefragt, was die wichtigste Eigenschaft bei seinen Mitarbeitern ist. Er sagt ganz ein­fach, das Konkurrenzdenken muss da sein, man muss wettbewerbsgerecht und sieg­orientiert sein.

Ein anderer Manager sagt im Gegensatz dazu: „Die Verkürzung des Lebens auf die Ökonomie ist eine der schlimmsten Entwicklungen“, die wir im 20. und 21. Jahrhundert als solche überhaupt bekommen konnten.

Darf ich Sie mit einigen anderen Personen konfrontieren, die sich auch sehr für ein neues, geändertes Bildungssystem einsetzen? Kennen Sie zum Beispiel André Stern? André Stern ist ein Gitarrist, ist ein Informatiker, ist ein Vortragender, wohnt in Frank­reich und ist ein Mann, der nie in die Schule gegangen ist, aber fünf Sprachen spricht und in seinen Vorträgen auf die Frage: Was sagen eigentlich die Kinder zu dir, wenn sie hören, dass du nie in die Schule gegangen bist?, erklärt: Na hast du ein Glück!

Da muss man sich aber schon fragen, was man da mit dem Willen der Kinder, die ja mit Begeisterung in die erste Klasse gehen, eigentlich tut.

Ein zweiter Mann, den Sie vielleicht kennen sollten, ist erwähnenswert, und das ist Pro­fessor Dr. Gerald Hüther. Vielleicht hören Sie manchmal „Frühstück bei mir“ in Ö3, dann wird Ihnen dieser Name etwas sagen. Er wird immer wieder gefragt, was eigentlich das Schlimme an unserem Bildungssystem ist, und er antwortet: Eigentlich gar nichts, wenn wir wissen, wohin wir die Kinder entlassen. Wir entlassen die Kinder in eine Konsumge­sellschaft, und in dieser Konsumgesellschaft versucht jeder auf Kosten des anderen mög­lichst gut zu leben.

Noch jemand, den Sie sich vielleicht ein wenig näher anschauen sollten, ist in dieser Reihe zu nennen, und zwar Richard David Precht. Er ist Publizist, Philosoph, Honorar­professor an etlichen Universitäten und hat vor zwei oder drei Jahren ein Buch in Deutschland herausgegeben mit dem Titel: „Anna, die Schule und der liebe Gott. Der Verrat des Bildungssystems an unseren Kindern.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns alle weiterentwickelt. Die Welt hat sich weiterentwickelt, die Wirtschaft hat sich weiterentwickelt, das Schulsystem aber stammt aus einem Jahrhundert, in welchem ganz andere Anforderungen an die Men­schen gestellt wurden; daher auch die Kadettenschulen, um die Schüler möglichst strikt, einfach und konkret auszubilden. Das passt ganz einfach nicht mehr. Unsere Kin­der müssen mehr lernen, und sie müssen mehr Wissen lernen. Sehr oft spricht man in die­sem Zusammenhang auch vom Bulimie-Lernen. Das heißt, unsere Kinder lernen so, wie es Seneca sagte, sie lernen für die Schule. Sie lernen für die einzelnen Tests, und dann vergessen sie das, was sie gelernt haben. Sie lernen es, aber sie können es nicht memorieren, weil sie ganz einfach nicht die richtige Lehrweise erhalten haben.

Ich darf meine Ausführungen mit einem Satz beenden, der nicht von mir stammt, son­dern von Rabelais: „Kinder wollen nicht wie Fässer gefüllt, sondern wie Fackeln ent­zündet werden.“ – Ich denke, das ist ein guter Schlusssatz. – Danke schön. (Beifall des Abg. Franz.)

10.48


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

10.48.56Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

 


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