Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll136. Sitzung / Seite 86

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12.14.12

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Damen und Herren Kolleginnen und Kol­legen! Zuerst einmal möchte ich mich bei der österreichischen Bundesregierung be­danken, stellvertretend bei Herrn Bundeskanzler Kern und Herrn Vizekanzler Mitterleh­ner, denn ich habe selten eine Debatte erlebt, bei der zu Beginn, in der ersten Stunde, eine derart große Anzahl an Regierungsmitgliedern da war, was zum Ausdruck bringt, wie wichtig man dieses Thema nimmt.

Zum Zweiten: Es wurde heute zu Recht darauf hingewiesen, dass in Großbritannien das Abstimmungsverhalten der Jüngeren und der Älteren völlig unterschiedlich war und dass man somit auch den Jungen in mancherlei Hinsicht die Zukunft genommen habe. Daher ist es unsere Aufgabe und Verpflichtung, daraus zu lernen, auch in Österreich die Jungen zu animieren, an Abstimmungen und Wahlen teilzunehmen, anstatt nach­her zu beklagen, dass man ihnen etwas weggenommen habe, die Zukunft verbaut ha­be. Das wird auch in Zukunft die entscheidende Frage sein, denn wenn jetzt die jungen Briten beklagen, dass ihnen ihre Zukunft genommen worden sei, dann muss man sie auch fragen, warum sie zu einer solchen Abstimmung nicht gegangen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass dieses Ergebnis ein politisches Erdbeben in Europa ausgelöst hat, ist unbestrit­ten; dass daraus Erkenntnisse zu ziehen sind, ist auch unbestritten; dass sich jetzt aber gerade jene, wie es auch in Medien mehrfach formuliert wurde, aus der Verant­wortung davonstehlen, dass einer sogar weiterhin im Europäischen Parlament bleibt, obwohl er der Anführer der Austrittsbewegung gewesen ist – auf dem Sessel in Europa sitzen zu bleiben, ist also praktisch –, ist nicht in Ordnung.

Zum Zweiten, meine Damen und Herren: Es wird sehr oft über Europa geschimpft: Eu­ropa müsste, Europa hat, Europa dürfte und so weiter. (Abg. Kogler: Sollte!) Ja wer ist denn Europa? Sind wir nicht selbst auch in der Kommission vertreten, wenn Bestim­mungen beschlossen und fixiert werden? Sind wir nicht ein Teil von Europa? Ich erlebe das manchmal in der Gemeinde: In Oberösterreich schimpft man auf Linz, in Linz schimpft man auf Wien, und in Wien schimpft man über Brüssel. Es ist praktisch, die Verantwortung wird immer auf die nächste Ebene abgeschoben, irgendjemand hat ja die Schuld. – Das ist immer praktisch. Und wenn wir wirklich nicht mehr wissen, wer in Österreich die Schuld hat, dann hat sie zumindest Brüssel. – Das ist mir ein bisschen zu wenig.

Richtig ist, dass die Briten immer ein kritisches Verhältnis zu Europa hatten; der Bri­tenrabatt sei als Stichwort in Erinnerung gerufen. Da fällt mir die alte Volksweisheit ein: Der erste Verdruss ist der beste. – Hätte man damals den Briten nicht nachgegeben, wäre vielleicht so manches erspart geblieben. (Abg. Neubauer: Das war die Maggie Thatcher!) – Richtig, völlig richtig, auch Maggie Thatcher. Das war jene Anführerin, die das durchgesetzt hat.

Meine Damen und Herren, natürlich ist die Entscheidung für den Austritt zu respektie­ren. Ich bezweifle zwar, dass sich das tatsächlich noch einmal in diesem Ergebnis nie­derschlagen würde, wenn heute eine weitere Abstimmung stattfände; wahrscheinlich wä­re es wieder umgekehrt. Die Zündler wissen, was sie angestellt haben, und festzuhal­ten ist: Ein Rosinenpicken darf es nicht geben, schon gar nicht unter dem Motto: Jetzt verhandeln wir wiederum etwas heraus, dann können wir manches erreichen!

Noch ein Wort zur Frage, welche Folgen dieser Austritt, dieser Brexit auf die Landwirt­schaft hat: Großbritannien ist Nettozahler, 11 Milliarden €, der Rabatt bereits abgezogen. 4,5 Milliarden € davon fließen zurück nach England in die Rubrik Landwirtschaft und Ent­wicklung des ländlichen Raumes. Der GAP-Austritt hat nur negative Auswirkungen auf


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