Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll138. Sitzung / Seite 72

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es formuliert hat. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.37


Präsident Karlheinz Kopf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Gamon zu Wort. – Bitte.

 


11.38.03

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich möchte heute zu TOP 4 und TOP 5 sprechen, die psychiatrische Versorgung. Diese leidet in Österreich – wie viele andere Gesundheitsbereiche auch – an einer Art Verknappungspolitik, und in diesem Fall trifft es Menschen, die sich in vielen Bereichen sehr schwer wehren können.

Freiheitseinschränkende Maßnahmen in psychiatrischen Einrichtungen sind ein massiver Eingriff des Staates gegenüber den Freiheitsrechten jedes Einzelnen, daher liegt es auch in unserer Verantwortung, wirklich klare und zeitgemäße Vorgaben zu finden, wie man so etwas regulieren kann, damit die Freiheit des Individuums garantiert werden kann. Die Volksanwaltschaft hat die Regierung mehrmals aufgefordert, gegen diese Missstände vorzugehen, aber die Praxis der menschenunwürdigen Netzbetten gab es in Österreich sogar bis 2015. Die heute noch gelebte Praxis mit Gangbetten, sichtbaren Fixierungen und so weiter ist aber eigentlich immer noch ein untragbarer Zustand.

Die Versorgung leidet auch daran, dass es zu wenig Personal gibt, dass die Infra­struktur nicht ausreichend entwickelt ist. Auf der einen Seite – ich finde es ja auch komisch – leisten wir uns Kuraufenthalte, die wie zweite Urlaube funktionieren, Doppelstrukturen in den Kassen, Privilegien für Sondergruppen auf Kosten der Kas­sen, auf der anderen Seite haben wir dann zu wenig Geld übrig, damit Unterstützung bei jenen Patienten ankommt, die an schweren Erkrankungen leiden und die Gelder brauchen würden. (Ruf bei der SPÖ: Da müssen wir noch viel lernen!)

Die Bundesregierung hat wirklich ein Prioritätenproblem, was diese Frage betrifft, und sollte sich in nächster Zeit intensiver damit beschäftigen. Es gibt da moderne, fortschrittliche Konzepte, die man andenken könnte, dafür wären aber ein paar Umbauten notwendig. Die Struktur ist dafür im Moment nicht ausreichend. Deshalb liegt auch ein Vorschlag der Grünen vor, der in diese Richtung geht, und wir finden es grundsätzlich gut, dass das auch angedacht wird. Ob dazu unbedingt eine weitere bürokratische Ö-Norm notwendig ist, steht zur Debatte. Das begrüßen wir nicht, aber meiner Meinung nach ist es wichtig, dass wir diese Debatte zur psychiatrischen Ver­sorgung grundsätzlich führen und da Meter machen.

Besonders hart betroffen, und dazu hat es im letzten halben Jahr einige Medien­berichte gegeben, sind Kinder und Jugendliche. Zum einen fehlt eben im stationären Bereich die Kapazität, oft kommen Kinder und Jugendliche in Einrichtungen, die eigentlich nicht für sie geschaffen sind, sondern für Erwachsene gedacht wären, oder müssen monatelange Wartezeiten in Kauf nehmen.

Ich war vor kurzer Zeit in einer Schule, wo ein Mädchen darauf aufmerksam gemacht hat, wie untragbar die Situation für sie persönlich ist, weil sich ihre Eltern ihre psycho­logische Behandlung nicht mehr leisten können. Das war eine wirklich ernsthafte Frage, die an das Plenum gestellt worden ist, und alle Politiker, die da waren, haben gesagt: Sie können das einfach nicht beantworten. Da gibt es Kapazitätsengpässe, da gibt es Probleme bei den Kassen, aber das ist eigentlich eine todtraurige Situation.

Im ambulanten Bereich haben wir Kapazitäten, die teilweise willkürlich gedeckelt sind, und nehmen keine Rücksicht auf die Entwicklung der Fallzahlen in dem Bereich. Die


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