was mehr Zeit nehmen sollen und nicht – schielend auf das hundertjährige Jubiläum – eine unausgegorene Vorlage bringen sollen. Man hätte sich überlegen sollen, wie man informell Gelerntes und Qualifikationen, die man in der Berufspraxis erwirbt, tatsächlich so abprüfen kann, dass diese auch nachweisbar ist. Das geht sicher nicht mit einem einfachen Gespräch, das keine Prüfung ist und wo es nicht einmal eine Benotung gibt. Das bekommt nicht unsere Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Deimek: Das ist ja schon die Praxis!)
16.26
Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Nachbaur. – Bitte.
16.26
Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Steuerzahler! Die Standesbezeichnung „Ingenieur“ wird jährlich rund 5 000 Mal verliehen. Allerdings ist sie nur bei uns – also in der heimischen Wirtschaft – anerkannt. Bei internationalen Ausschreibungen oder Bewerbungen ist es daher mit deren Anerkennung oft etwas schwierig. Ich freue mich daher sehr, dass wir heute mit einer sehr breiten Mehrheit im Parlament mit dem Ingenieurgesetz eine deutliche Besserstellung erreichen. Es ist schade, dass die Grünen da nicht mitgehen, aber die sind sich – wie wir jetzt gehört haben – in ihren Kritikpunkten selbst nicht ganz einig. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)
Die Wirtschaft beklagt den Facharbeitermangel schon sehr lange, und wir sind zu Recht stolz auf unsere duale Ausbildung und die vielen tüchtigen Ingenieure. Aber, wie gesagt, es sind leider nicht genug, jeder spricht vom Facharbeitermangel. Auf der anderen Seite platzen die Universitäten schon aus allen Nähten. Im letzten Wintersemester inskribierten fast 400 000 junge Leute, um 1,4 Prozent mehr als im Jahr davor, die Zahl der Lehrlinge ist aber um 4,4 Prozent auf knapp 110 000 Lehrlinge gesunken. Es ist jedoch tatsächlich leider so, dass Akademikern – insbesondere jenen, die die sogenannten Orchideenfächer, sage ich jetzt einmal, belegen – oft die Arbeitslosigkeit blüht, während HTL-Schüler oft noch während der Schulzeit von Firmen angesprochen werden und möglicherweise ein attraktives Angebot bekommen.
Deutschland steht vor ähnlichen Herausforderungen. Die Ökonomen vom Economic Research Center der Commerzbank sehen in der undifferenzierten Akademisierung eines der Hauptprobleme für die Wirtschaft, und so viele tolle Facharbeiter waren jetzt doch nicht unter den Migranten, wie uns da so mancher Anhänger der fatalen Willkommenskultur weismachen wollte.
Es muss also Aufgabe des Staates sein, junge Leute positiv in Richtung einer sinnvollen Ausbildung zu lenken. Es liegt ja auch im allergrößten Interesse der jungen Menschen selbst, denn arbeitslose Orchideenfach-Akademiker haben wir schon genug. Es gibt ja wohl kein demütigenderes Gefühl für junge Leute, als nicht gebraucht zu werden.
Wir sind dank unserer erfolgreichen dualen Ausbildung noch in einer besseren Position als die meisten anderen EU-Länder, bei denen die Jugendarbeitslosigkeit im Schnitt 20 Prozent beträgt – in Österreich sind es 10 Prozent –, aber auch wir stehen vor großen Herausforderungen auf unserem Arbeitsmarkt. Wir haben fast eine halbe Million oder – je nach Berechnungsmethode – 400 000 Arbeitslose und zurzeit 42 000 offene Stellen. Trotz des gewaltigen Budgets im Arbeits- und Sozialressort gelingt es nicht, diese offenen Stellen zu besetzen.
Da offenbar keine wirksamen Maßnahmen gesetzt wurden, sind allein die Arbeitsmarktkosten in den letzten fünf Jahren um rund 40 Prozent gestiegen, und die damit zusammenhängenden Sozialausgaben sind in den letzten zehn Jahren um 45 Prozent gestiegen. Also da muss dringend etwas getan werden!
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