Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll148. Sitzung / Seite 70

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12.30.35

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Ein Budget ist immer ein Mosaikstein für eine langfristige Politik.

Wenn ich mir dieses Budget anschaue, stelle ich mir die Frage: Wie wird unser Land in 30 Jahren ausschauen? Wird es uns gelungen sein, jedem Kind gerechte Bildungs­chancen zu geben? Wird es gelungen sein, dass die Schutzsuchenden von heute ein gut integrierter Teil unserer Bevölkerung, unserer Gesellschaft sind? (Abg. Höbart – die Hände zusammenschlagend –: „Schutzsuchenden“! Ich halte das nicht aus!)

Angesichts dieser Fragen möchte ich mit Ihnen eine Vision teilen, wie es mit einem guten Zusammenwachsen und Zusammenleben in 30 Jahren in unserem Land aus­schauen könnte – zwar eine Vision, aber ausgehend von einem ganz konkreten Menschenleben, vom Leben eines ehemaligen Flüchtlingskindes. Ich spreche nicht von Alexander Van der Bellen, der gerade für das höchste Amt im Staat kandidiert, denn auch er ist ein Flüchtlingskind. Seine Familie wurde mehrfach vertrieben und hat in Österreich Schutz und Aufnahme und auch eine neue Heimat gefunden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Strache.) – So viel zur Integration von Flüchtlingen, die bis jetzt auch gut bis sehr gut gelungen ist. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Strache: …! Damals gab es noch das okkupierte Österreich! – Abg. Steinbichler: …! Das waren andere Zeiten!)

Ich möchte von einem Start-up-Gründer, von einem Unternehmer und EU-Jugend­bot­schafter erzählen. Sein Name ist Ali Mahlodji. Er ist vor circa 30 Jahren als zweijäh­riges Flüchtlingskind in Österreich, in Traiskirchen angekommen. Er ist als zweijähriges Kind mit seinen Eltern aus dem Iran geflüchtet, hat mehrere Monate in Traiskirchen verbracht und ist in diesem Land, in Österreich, aufgewachsen. Trotz großer Widrig­keiten – er hat nämlich auch die Schule abgebrochen – hat er es geschafft, nach vielen, vielen Jobs, die er hier als anerkannter Flüchtling gemacht hat, ein Start-up-Unternehmen zu gründen, mit dem er versucht, jungen Menschen, nicht nur hier bei uns, sondern in Europa und eigentlich weltweit, Hoffnung zu machen, ihre Potenziale zu nutzen, weil es immer um Menschen und um ihr Potenzial geht – auch bei diesem Budget, über das wir hier diskutieren.

Weil immer wieder die Frage kommt: Wie sollen die Kosten für Einschulung, für Deutschkurse, für Orientierungskurse aufgebracht werden?, möchte ich eine konkrete Zahl nennen: 244 Milliarden € entgehen der EU jährlich durch Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Geld wäre also da, wenn man zum Beispiel die internationalen Konzerne endlich gerecht besteuern würde – ohne bei Familien, die in der Mindestsicherung sind, drei oder vier Kinder haben, den Betrag zu deckeln.

Da die Budgets immer ein Mosaikstein für gelebte und langfristige Politik sind, liegt es in unserem Wollen und in unserer Macht, in 30 Jahren viele Ali Mahlodjis zu haben, viele Menschen, die diesem Land sehr viel zurückgeben, die zum Beispiel ein Unternehmen gründen, die viele Menschen beschäftigen, die aber vor allem für Inno­vation, für Hoffnung und für eine bessere Zukunft sorgen. In diesem Sinne ist es positiv, dass vorgesehen ist, auch die Gelder für Deutsch- und Orientierungskurse für Flüchtlinge und Schutzsuchende zu erhöhen. Das ist zu begrüßen.

Ich möchte abschließend – noch einmal – an uns alle appellieren, weil wir alle gewählt sind, um an einer besseren Zukunft für Österreich und für Europa zu arbeiten: Es liegt in unserer Macht, viele Erfolgsgeschichten zu produzieren, viele Ali Mahlodjis zu haben. In diesem Sinne: Lasst uns zusammen an einer guten Zukunft arbeiten! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.35

 


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